Nachdem jemand verstorben ist, kommt jede Menge Arbeit auf die nächsten Angehörigen zu. Neben der Trauerbewältigung ist jede Menge Papierkram zu erledigen und insbesondere die Erben des Verstorbenen, die dessen Rechtsnachfolge antreten, müssen Kontakt zu Vertragspartnern, Schuldnern, Gläubigern, Banken, Ämtern, und Versicherungen aufnehmen, um Verträge zu kündigen oder umzuschreiben und Zugriff auf Vermögenswerte des Erblassers zu erhalten.
Der Volksmund weiß, dass man dazu einen Erbschein braucht.
Aber ist das wirklich immer notwendig? Was ist eigentlich ein Erbschein, und wo bekommt man diesen?
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// Inhaltsübersicht
- Was ist ein Erbschein?
- Welche Arten von Erbschein gibt es?
- Was steht in einem Erbschein?
- Wie beantragt man einen Erbschein?
- Wer kann einen Erbschein beantragen?
- Wann muss man einen Erbschein beantragen?
- Was kostet ein Erbschein?
- Was ist, wenn ein Erbschein unrichtig ist?
Was ist ein Erbschein?
Wer durch Erbvertrag, Testament oder durch gesetzliche Erbfolge zum Erbe geworden ist, gilt damit als Rechtsnachfolger des Erblassers. Das bedeutet unter Anderem, dass der Erbe berechtigt ist, auf das Vermögen des Erblassers zuzugreifen und dass er verpflichtet ist, vertragliche Bindungen und Verpflichtungen des Erblassers zu übernehmen. Hierfür muss sich der Erbe mit den Vertragspartnern, Banken, Gläubigern etc. des Erblassers in Verbindung setzen und den Platz des Erblassers einnehmen. Dazu muss der Erbe seine Erbenstellung und seine damit verbundenen Verfügungsberechtigungen aber nachweisen können. Hierzu dient der Erbschein.
Ein Erbschein (auch Erbberechtigungsschein oder Erbnachweis) ist eine sogenannte öffentliche Urkunde, die zum Nachweis des Erbenstatus im Rechtsverkehr dient, und nur auf Antrag ausgestellt wird. Je nachdem, ob es nur Einen oder mehrere Erben gibt, können unterschiedliche Arten von Erbscheinen beantragt werden.
Welche Arten von Erbschein gibt es?
Das deutsche Erbrecht kennt drei verschiedene Arten von Erbschein, die sich danach unterscheiden, wie viele Erben es gibt, und wie umfassend die Vollmacht ist, die durch den Erbschein nachgewiesen werden kann:
- Alleinerbschein
Den Alleinerbschein kann nur ein Alleinerbe bekommen, der den gesamten Nachlass des Erblassers erhalten hat. - Teilerbschein
Den Teilerbschein können Miterben innerhalb einer Erbengemeinschaft bekommen. Er gibt nicht nur Auskunft über ihren Erbenstatus, sondern auch über ihr Erbteil und den Umfang ihrer Verfügungsberechtigungen. - Gemeinschaftlicher Erbschein
Den gemeinschaftlichen Erbschein kann die Erbengemeinschaft gleichsam als Ganzes bekommen. Der kann von jedem Miterben nach Zustimmung der Erbengemeinschaft benutzt werden, und enthält Angaben über sämtliche Miterben und deren Erbquoten. Ein gemeinschaftlicher Erbschein kann dementsprechend nur ausgestellt werden, wenn alle Miterben ihr Erbe angenommen haben, und die Erbteile festgestellt sind.
In Ausnahmefällen ist auch die Mischform eines gemeinschaftlichen Teilerbscheins für mehrere Miterben innerhalb einer größeren Erbengemeinschaft möglich.
Was steht in einem Erbschein?
Je nach dem, um was für eine Art Erbschein es sich handelt, variieren auch die Angaben, die darin enthalten sein müssen.
Grundsätzlich gibt ein Erbschein Auskunft über die Personalia des Erben oder der Miterben, sowie deren Anteil am Erbe. Damit können die Erben nachweisen, dass sie das Recht haben, beispielsweise auf Bankkonten des Erblassers zuzugreifen, oder dessen Immobilie im Grundbuch auf sich überschreiben zu lassen.
Wie beantragt man einen Erbschein?
Um einen Erbschein zu bekommen muss man einen Antrag beim zuständigen Nachlassgericht stellen. Zuständig ist das Nachlassgericht am letzten Wohnort des Erblassers.
Für die Beantragung existiert keine bestimmte Frist oder Formvorgabe. Allerdings sollte der Antrag in jedem Falle schriftlich verfasst sein und muss außerdem eine Reihe von Unterlagen enthalten, mit denen der Erbe seine Berechtigung auf Ausstellung eines Erbscheins belegen kann:
Bei gesetzlicher Erbfolge
- Sterbeurkunde des Erblassers zum Nachweis von dessen Tod
- Pass des Erblassers zum Nachweis von dessen Staatsangehörigkeit und Wohnort
- Unterlagen, die die gesetzliche Erbenstellung des Erben belegen (Ausweis, Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Ehevertrag, Adoptionsbeschluss o.ä.)
- Angaben zu anderen erbberechtigten Personen
- Angaben zu eventuellen Rechtsstreitigkeiten das Erbrecht betreffend
- Umfang des Erbteils
- Erklärung der Erbannahme
- Angabe zu evtl. weggefallenen Erben
- Eidesstattliche Versicherung, dass kein Testament oder Erbvertrag oder andere letztwillige Verfügungen existieren oder bekannt sind
Bei testamentarischer Erbfolge
- Sterbeurkunde des Erblassers zum Nachweis von dessen Tod
- Pass des Erblassers zum Nachweis von dessen Staatsangehörigkeit und Wohnort
- Art der Verfügung, auf der das Erbrecht basiert (Testament, Erbvertrag, etc.) samt Nachweis
- Auskunft über sonstige etwaige Verfügungen des Erblassers
- Angaben zu anderen erbberechtigten Personen
- Angaben zu eventuellen Rechtsstreitigkeiten das Erbrecht betreffend
- Umfang des Erbteils
- Erklärung der Erbannahme
- Angabe zu evtl. weggefallenen Erben
Nach Einreichung des Antrags auf Ausstellung eines Erbscheins inklusive der nötigen Unterlagen prüft das Gericht diese und stellt, sofern keine offenen Fragen bestehen, den Erbschein aus.
Dieser Vorgang kann einige Wochen dauern.
Wer kann einen Erbschein beantragen?
Sinnigerweise können die Erben (Alleinerben oder Miterben) einen Erbschein für sich beantragen. Allerdings sind unter Umständen auch noch andere Personen dazu berechtigt, die von Rechts wegen befugt sind, auf den Nachlass des Erblassers zuzugreifen. Dazu gehören etwa Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder Nachlassinsolvenzverwalter und Pfleger oder Betreuer mit einer entsprechenden Vollmacht, aber auch Insolvenzverwalter oder Gläubiger eines Erben mit vollstreckbarem Titel.
Nachlassgläubiger oder Pflichtteilsberechtigte (Erben, die ihre Erbschaft ausgeschlagen haben) sind nicht berechtigt, einen Erbschein zu beantragen. Ersatz- oder Nacherben können erst dann einen Erbschein beantragen, wenn ihr Erbfall eingetreten ist.
Achtung: Wer einen Erbschein beantragt, muss eine Erklärung über die Annahme seines Erbes abgeben. Die Beantragung eines Erbscheins ist also gleichbedeutend mit der förmlichen Erbannahme.
Wenn Sie sich noch nicht sicher sind, ob Sie Ihr Erbe annehmen oder ausschlagen sollten, dürfen Sie auf keinen Fall einen Erbschein beantragen!
Wann muss man einen Erbschein beantragen?
Unter Laien wird gerne behauptet, dass man einen Erbschein benötigt, wann immer man irgendwo im Rechtsverkehr seinen Erbenstatus belegen muss. Das mag früher einmal so gewesen sein.
Vor allem gegenüber Banken, wenn der Erbe auf das Konto des Erblassers zugreifen wollte, wurde immer ein Erbschein verlangt. Wenn der Erbe jedoch Dokumente vorweisen kann, die nicht erst extra gegen Gebühr beantragt werden müssen, und die zweifelsfrei belegen, dass er das Recht hat, auf das Bankkonto des Erblassers zuzugreifen (wie ein präzise formuliertes Testament, eine über den Tod des Erblassers hinaus gültige Vorsorgevollmacht oder Kontovollmacht), ist die Bank verpflichtet, dem Erben auch ohne Erbschein den Zugriff zu gewähren. Wenn die Bank sich weigert, sollte der Erbe einen Anwalt einschalten.
Auch zur Grundbuchänderung, wenn Immobilien im Nachlass enthalten sind, kann die Vorlage eines Erbscheins § 35 GBO zufolge nötig sein. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn nicht ein notarielles Testament oder ein notarieller Erbvertrag vorliegen, aus dem sich die Erbfolge zweifelsfrei ergibt, oder wenn der eigentlich eingesetzte Erbe seine Erbschaft ausgeschlagen hat.
Seit einer Entscheidung des BGH 2016 gilt, dass die Vorlage eines Erbscheins nur verlangt werden darf, wenn der Erbe seine Erbenstellung nicht auch auf anderem Wege belegen kann.
Bevor Sie also unaufgefordert einen Erbschein beantragen, sollten Sie unbedingt prüfen, ob Sie Ihren Erbenstatus nicht auf anderem Wege nachweisen können, da mit der Beantragung einige Kosten auf Sie zukommen.
Was kostet ein Erbschein?
Das Nachlassgericht erhebt eine zweifache Gebühr, einmal für Erteilung des Erbscheins und für die Beurkundung der Eidesstattlichen Erklärung. Die Gerichtsgebühr wird gemäß Tabelle B in Anlage 2 des Gerichts-und Notarkostengesetzes (GNotKG) in Abhängigkeit vom Nachlasswert abzüglich Erblasserschulden berechnet.
Bei einem Nachlasswert von 10.000 € belaufen sich die Gebühren auf insgesamt 150 €.
Bei einem Nachlasswert von 100.000 € sind es 546 €, und bei 500.000 € kostet der Erbschein 1.870 €.
Die Kosten sind vom Antragssteller zu zahlen, können allerdings von der Steuer abgesetzt werden.
Wenn Sie einen Notar oder Anwalt mit der Stellung des Antrags beauftragen, kommen entsprechende Gebühren hinzu.
Was ist, wenn ein Erbschein unrichtig ist?
Selbst wenn ein Erbschein korrekt ausgestellt worden ist, kann es sein, dass dieser unrichtig wird, weil etwa ein anderer Erbe sein Erbe ausschlägt, ein neuer Erbe unerwartet auftaucht, oder sich aus anderen Gründen die Voraussetzungen ändern, die dem Erbschein zugrunde liegen.
In diesem Falle kann der Erbschein nicht weiterverwendet werden. Das Nachlassgericht muss ihn für kraftlos erklären und einziehen. Dies kann auch noch Jahre nach der Ausstellung passieren. Die Kraftloserklärung wird einen Monat nach erfolgter Zustellung wirksam.
Hierfür fällt dann noch einmal eine Gebühr an, die sich wiederum nach Tabelle B Anhang 2 GNotKG berechnet, aber ein Maximum von 400 € nicht überschreiten darf.
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Über die Autoren
Dr. de Leve & Kersten
Dr. de Leve ist Fachanwalt für Erbrecht und wurde in diesem Bereich als Focus Top Anwalt ausgezeichnet. Rechtsanwalt Florian Kersten verfügt ebenso über eine jahrelange Erfahrung als Anwalt für Erbrecht.
Die Kanzlei "Dr. de Leve & Kersten" befindet sich in Münster (Nordrhein-Westfalen). Von dort aus beraten und vertreten die Anwälte Mandanten bei den Themen Vorsorge, Werterhalt und Wertweitergabe aus ganz Deutschland.