
Wenn Erben eine Erbschaft annehmen, haften sie als Gesamtschuldner für alle Verbindlichkeiten, mit denen das Erbe beschwert ist. Zusätzlich entstehen durch den Erbfall an sich Kosten, wie etwa Bestattungskosten, für die die Erben geradestehen müssen. Erst einmal haften sie dabei mit dem im Nachlass vorhandenen Vermögen, darüber hinaus aber gemäß § 1967 Abs. 1 BGB gegebenenfalls auch mit dem eigenen Privatvermögen.
Sollte sich nach der Annahme des Erbes herausstellen, dass der Nachlass überschuldet ist, müssen die Erben eine Haftungsbeschränkung erwirken, um zu verhindern, dass Nachlassgläubiger auf ihr Privatvermögen zugreifen. Hierzu dient ein Nachlassinsolvenzverfahren. Was das genau ist und was ein solches Verfahren bewirkt, erfahren Sie in diesem Rechtstipp.
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// Inhaltsübersicht
- Was heißt Nachlassinsolvenz?
- Wie wird ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet?
- Wer kann ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen?
- Wann besteht Antragspflicht?
- Was macht ein Involvenzverwalter?
- Welche rechtlichen Folgen hat ein Nachlassinsolvenzverfahren?
- Kann man ein Nachlassinsolvenzverfahren anfechten?
- Welche Fristen sind zu beachten?
- Wann endet ein Nachlassinsolvenzverfahren?
- Was kostet ein Nachlassinsolvenzverfahren?
Was heißt Nachlassinsolvenz?
Ein Nachlassinsolvenzverfahren ist ein Mittel zum Schutz der Erben vor den Schulden des Erblassers.
Durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens werden das Nachlassvermögen und das Privatvermögen der Erben voneinander getrennt und Erben können für Nachlassverbindlichkeiten nur noch mit ihrem Erbteil, nicht aber mit ihrem Privatvermögen haftbar gemacht werden.
Daher ist die Eröffnung eines solchen Verfahrens bei drohender Überschuldung des Nachlasses sinnvoll und bei bereits gegebener Überschuldung sogar gesetzliche Pflicht.
Wie wird ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet?
Ein Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet. Dieser muss beim zuständigen Gericht (dem Insolvenzgericht am letzten Wohnort des Erblassers) gestellt werden.
Der Antrag muss in schriftlicher Form und mitsamt einer Begründung eingehen, wird dann vom Gericht geprüft und idealerweise zeitnah bewilligt. Dazu muss einer der folgenden drei Gründe erfüllt sein:
- Drohende Zahlungsunfähigkeit
- Zahlungsunfähigkeit
- Ãœberschuldung
Entscheidend ist hierbei nicht das Vermögen des Erben, sondern die Zahlungsfähigkeit des Nachlassvermögens hinsichtlich der Masseverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden).
Mehr zum Thema Nachlassverbindlichkeiten.
Dem Antrag muss außerdem ein vollständiges Nachlass- und Gläubigerverzeichnis beigelegt werden. Ist die Zahlungsunfähigkeit nicht gegeben oder der Nachlass so gering, dass die Verfahrenskosten eines Insolvenzverfahrens daraus nicht gedeckt werden können, kann das Gericht den Antrag ablehnen.
Wird dem Antrag jedoch stattgegeben, und das Insolvenzverfahren wird eröffnet, bestellt das Gericht einen Insolvenverwalter, und der Nachlass wird beschlagnahmt und die Haftung der Erben beschränkt.
Wer kann ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen?
Antragsberechtigt sind folgende Personen:
- Erben (Alleinerben, aber auch jeder Miterbe in einer Erbengemeinschaft)
- Nachlassverwalter
- Testamentsvollstrecker
- Nachlassgläubiger (binnen einer Frist von 2 Jahren ab Erbannahme)
Bei einer Vor- und Nacherbschaft ist nur der Vorerbe antragsberechtigt, solange der Nacherbfall noch nicht eingetreten ist.
Wann besteht Antragspflicht?
Wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gegeben ist, besteht gemäß § 1980 BGB für alle Antragsberechtigten eine Antragspflicht. Diese geht einher mit der Pflicht, sich über die Situation bzw. Liquidität des Nachlasses rechtzeitig zu informieren. Andernfalls bestehen seitens der Nachlassgläubiger Schadensersatzansprüche.
Was macht ein Involvenzverwalter?
Der Insolvenzverwalter erhält das alleinige Verwaltungs- Verfügungs- und Verwertungsrecht über den Nachlass. Seine Aufgabe besteht zunächst darin, Nachlass und fremdes Vermögen zu trennen und Letzteres gegebenenfalls dem Eigentümer zurückzuerstatten. Er darf außerdem Rechtsgeschäfte, die die Erben nach Erbannahme getätigt haben, anfechten, wenn diese den Nachlass negativ beeinflusst haben. Mehr dazu unter Punkt 7.
Sodann hat den Insolvenzverwalter die Aufgabe, den Nachlass abzuwickeln, und die Gläubiger aus dem Nachlassvermögen auszuzahlen, bis dieses verbraucht ist.
Er geht dabei nach folgenden Prioritäten vor:
- Begleichung der Masseverbindlichkeiten (inkl. Verfahrenskosten)
- Weitere Verbindlichkeiten (Kosten und Forderungen der Insolvenzgläubiger, evtl. Buß- Ordnungs- oder Zwangsgelder etc.)
- Pflichtteilsansprüche, Verbindlichkeiten aus Testamentsauflagen und Vermächtnissen.
Für seine Tätigkeit erhält er eine Vergütung.
Die Erben haben für die Dauer des Verfahrens keinen Zugriff auf den Nachlass.
Welche rechtlichen Folgen hat ein Nachlassinsolvenzverfahren?
Die Erben verlieren alle Zugriffsrechte auf den Nachlass, ihr Erbteil wird von ihrem Privatvermögen getrennt und ihre Haftung beschränkt. Dadurch ist das Privatvermögen der Erben vor dem Zugriff der Nachlassgläubiger geschützt. Ebenso können auch Gläubiger der Erben nicht mehr auf deren Erbteil zugreifen. Etwaige Prozesse, in die ein Erbe verwickelt ist, dürfen sich nicht mehr auf den Nachlass erstrecken, und können gestoppt und vom Insolvenzverwalter übernommen werden.
Kann man ein Nachlassinsolvenzverfahren anfechten?
Wenn der Erblasser oder ein Erbe vor Verfahrenseröffnung Rechtsgeschäfte getätigt haben, die den Nachlass beeinflusst haben, kann das Verfahren angefochten werden.
Dies könnte etwa der Fall sein, wenn der Erblasser kurz vor seinem Ableben eine Immobilie, die den Hauptteil des Nachlasses ausgemacht hatte, unter Preis verkauft hat, oder ein Erbe sein Erbteil einem nahen Angehörigen geschenkt – also für die Dauer der Nachlassabwicklung beiseitegeschafft – hat. Dasselbe gilt, wenn der Verdacht besteht, dass einzelne Gläubiger sich vor Verfahrenseröffnung einen Vorteil gesichert haben.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Anfechtung ist, dass nachweislich der Mehrheit der Gläubiger ein Schaden entstanden ist.
Die Anfechtung wird durch den Insolvenzverwalter erklärt, der gegebenenfalls für schuldhaft verursachte Vermögensschäden jedem Beteiligten gegenüber haftet.
Welche Fristen sind zu beachten?
Gemäß § 1980 BGB ist unverzüglich nach Kenntnisnahme von der Zahlungsfähigkeit oder Überschuldung eines Nachlasses eine Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen, andernfalls haben die Nachlassgläubiger gegenüber den Erben Schadensersatzansprüche.
Nachlassgläubiger können selbst ein Insolvenzverfahren nur innerhalb der ersten 2 Jahre nach Annahme des Erbes beantragen.
Wann endet ein Nachlassinsolvenzverfahren?
Ein Nachlassinsolvenzverfahren kann auf verschiedenem Wege enden:
- Wenn alle Mittel aus dem Nachlass verteilt sind (Schlussverteilung), wird das Verfahren durch Gerichtsbeschluss aufgehoben. Die Erben erhalten damit die Verfügungsgewalt über die Insolvenzmasse zurück.
- Wenn die Verfahrenskosten aus der Insolvenzmasse nicht (mehr) gedeckt werden können, wird das Verfahren eingestellt.
- Wenn ein Erbe in Übereinkunft mit den Gläubigern gemäß § 213 InsO die Einstellung des Verfahrens beantragt, wird das Verfahren eingestellt.
Was kostet ein Nachlassinsolvenzverfahren?
Für ein Nachlassinsolvenzverfahren fallen in jedem Fall Gerichtskosten (geregelt im Gerichtskostengesetz GKG), sowie Vergütung des Insolvenzverwalters (geregelt in der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung InsVV) an. Es können Gutachterkosten und Nachlassverwaltungsvergütungen hinzukommen.
In jedem Fall ist mit Gesamtkosten von mehreren tausend Euro zu rechnen.
Wenn die Erben ein Erbe angenommen haben, das sich als überschuldet herausstellt, ist dies praktisch unumgänglich. Daher will die Entscheidung, ein Erbe anzunehmen, gut überlegt sein, wenn der Nachlass unübersichtlich und potentiell mit Verbindlichkeiten beschwert ist.
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Über die Autoren
Dr. de Leve & Kersten
Dr. de Leve ist Fachanwalt für Erbrecht und wurde in diesem Bereich als Focus Top Anwalt ausgezeichnet. Rechtsanwalt Florian Kersten verfügt ebenso über eine jahrelange Erfahrung als Anwalt für Erbrecht.
Die Kanzlei "Dr. de Leve & Kersten" befindet sich in Münster (Nordrhein-Westfalen). Von dort aus beraten und vertreten die Anwälte Mandanten bei den Themen Vorsorge, Werterhalt und Wertweitergabe aus ganz Deutschland.