Eine Möglichkeit, einen Erben aus der Erbfolge auszuschließen, bzw. eine ungewollte Erbschaft zu vermeiden, ist der Erbverzicht.
Dieser muss in Form einer wechselseitigen vertraglichen Vereinbarung zwischen Erblasser und Erben gestaltet sein. Im folgenden Rechtsberatungstext erklären wir den Erbverzicht.
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// Inhaltsübersicht
- Wie funktioniert ein Erbverzicht?
- Wer kann einen Erbverzicht erklären?
- Was bewirkt ein Erbverzichtsvertrag?
- Wie errichtet man einen Erbverzichtsvertrag?
- Welche Vorgaben muss ein Erbverzichtsvertrag erfüllen?
- Was ist der Unterschied zwischen Erbverzicht, Pflichtteilsverzicht und Erbausschlagung?
- Wann ist ein Erbverzicht sinnvoll?
- Unterliegt die Abfindungszahlung der Schenkungssteuer?
- Kann man einen Erbverzicht widerrufen?
- Was kostet ein Erbverzichtsvertrag?
Wie funktioniert ein Erbverzicht?
Ein Erbverzicht bedeutet gemäß § 2346 ff BGB, dass ein Erbe sich mit dem Erblasser darauf einigt, auf seine Erbberechtigung zu verzichten. Dies bekräftigen beide durch einen Erbverzichtsvertrag, der dann für beide bindend gilt. In der Regel erfolgt der Erbverzicht gegen eine Abfindung, bzw. kann auch umgekehrt als Bedingung einer Schenkung, im Rahmen eines Übergabevertrages festgelegt werden. Der Erbverzicht ist sozusagen die negative Spielweise der vorweggenommenen Erbfolge, mit der zu Lebzeiten des Erblassers zwischen ihm und seinen Erben die Verteilung seines Nachlasses geregelt werden kann.
Wer kann einen Erbverzicht erklären?
Eine Erbverzichtserklärung kann nur als Vertrag, also einvernehmlich zwischen Erblasser und Erben erfolgen. Einseitige Verzichtserklärungen besitzen keine rechtliche Gültigkeit. Es bedarf zwingend der vertraglichen Form zwischen Erblasser und Erben. Ein solcher Vertrag kann nur mit gesetzlichen Erben, also Ehegatten oder nahen Angehörigen, geschlossen werden.
Für Freunde oder Bekannte bedarf es keines Erbverzichts, da sie keinen gesetzlichen Erbanspruch besitzen. Der Verzichtende muss geschäftsfähig, also volljährig und geistig unbeeinträchtigt sein.
Was bewirkt ein Erbverzichtsvetrag?
Der Erbverzichtsvertrag ist das einzige Mittel der sicheren völligen Enterbung im deutschen Erbrecht, die paradoxerweise jedoch nur einvernehmlich erfolgen kann.
Durch die Unterzeichnung eines Erbverzichtsvertrages verzichtet der Erbe auf seinen Erbenstatus, wird also aus der Erbfolge ausgeschlossen. Bei der Erbauseinandersetzung nach dem Tode des Erblassers wird dann so getan, als gäbe es den Verzichtenden gar nicht. Dementsprechend gilt der Erbverzicht (sofern nicht im Vertrag ausdrücklich anders geregelt) nicht nur für die Person des Verzichtenden selbst, sondern auch für dessen Nachkommen.
Der Erbteil aller anderen Erben, sowie auch deren Pflichtteil, erhöht sich durch einen Erbverzicht dementsprechend.
Wie errichtet man einen Erbverzichtsvertrag?
Wenn sich Erbe und Erblasser darüber einig sind, dass der Erbe auf seinen Erbenstatus verzichten möchte, und welche Gegenleistung er dafür erhält, wird dies in einer schriftlichen Erklärung festgehalten. Diese muss, um rechtlich gültig zu sein, durch einen Notar beglaubigt werden, wobei beide Vertragspartner anwesend sein sollten (der Verzichtende kann sich durch jemand anderen vertreten lassen).
Welche Vorgaben muss ein Erbverzichtsvertrag erfüllen?
Der Erbverzichtsvertrag muss in Form einer schriftlichen Erklärung mit notarieller Beglaubigung vorliegen. Diese muss die Personalia (Namen und Anschrift) der Vertragspartner, sowie deren datierte Unterschriften enthalten. Der Rest des Vertrages ist in Form und Inhalt frei gestaltbar.
Wichtig ist, dass eine klare und präzise Formulierung gefunden wird, aus der Art und Umfang des Verzichts, sowie die damit verbundenen Bedingungen oder Gegenleistungen unmissverständlich hervorgehen. Am besten wählt man die Formulierung so, dass der Verzicht erst nach Einlösung der Gegenleistung, also etwa „mit Eingang einer Abfindungszahlung in Höhe von Betrag X“ wirksam wird. Außerdem sollte im Vertrag geregelt sein, wer die anfallenden Kosten trägt.
Was ist der Unterschied zwischen Erbverzicht, Enterbung, Pflichtteilsverzicht und Erbausschlagung?
Es ist wichtig, die Enterbung, sowie die drei verschiedenen Instrumente des Pflichtteilsverzichts, Erbverzichts und der Ausschlagung des Erbes nicht durcheinander zu werfen, da sie sich an einigen wichtigen Punkten unterscheiden.
- Enterbung
Eine vollständige Enterbung ist ohne Erbverzicht nicht möglich, da gesetzliche Erben (mit der seltenen Ausnahme der Erbunwürdigkeit) immer, auch wenn sie explizit testamentarisch vom Erbe ausgeschlossen werden, einen Pflichtteilsanspruch behalten. Dieser lässt sich nur durch einen vertraglich vereinbarten Pflichtteilsverzicht eliminieren. - Pflichtteilsverzicht
Der Pflichtteilsverzicht kann, wie der Erbverzicht, als Bestandteil eines Vertrages zwischen Erblasser und Erben geregelt werden. Mit einem Erbverzicht verliert der Verzichtende dann auch seinen Pflichtteilsanspruch, da er seinen Status als Erbe insgesamt aufgibt. Durch einen reinen Pflichtteilsverzicht bleibt jedoch der Erbenstatus unberührt. Hat man einen Erben enterbt, und dieser verzichtet außerdem auf seinen Pflichtteil, ist er damit praktisch komplett enterbt, allerdings sind seine Nachkommen weiterhin erbberechtigt. Bei einem Erbverzicht ist dies nicht der Fall, da dieser sich auch auf die Nachkommen erstreckt.
Hinweis: Der Erbe verliert durch Erbverzicht zwar seinen Pflichtteilsanspruch, dies gilt jedoch nicht für den ehelichen Zugewinnausgleich, wenn der Verzichtende der Ehepartner des Erblassers ist. - Erbausschlagung
Im Gegensatz zum Erbverzicht, der als Vertrag zwischen Erblasser und Erben zu Lebzeiten des Erblassers geregelt wird, erfolgt die Erbausschlagung erst im Erbfall als einseitige Erklärung des Erben. Die Erbausschlagung bedeutet, im Gegensatz zum Erbverzicht, nicht den Verlust des Pflichtteilsanspruches. Außerdem kann eine Erbausschlagung nur vollständig, also im Bezug auf den gesamten eigenen Erbteil erfolgen, während ein Erbverzicht auch als Teilverzicht, mit Bezug etwa auf einen Anteil an einem Unternehmen, gestaltet werden kann.
Wann ist ein Erbverzicht sinnvoll?
Als Enterbungsmittel ist der Erbverzicht nur bedingt geeignet, da er nur einvernehmlich erfolgen kann. Einen Erben, den man enterben möchte, wird man in den allermeisten Fällen nur durch Zahlung einer Abfindung zur Zustimmung zu einem Erbverzicht bewegen, die mindestens dem gesetzlichen Pflichtteil entspricht.
Jedoch bietet sich der Erbverzicht beispielsweise als Instrument zur Regelung der Unternehmensnachfolge an. Wenn ein Erblasser ein Unternehmen zu vererben hat, und dessen Aufteilung und Verkauf vermeiden möchte, kann es sich anbieten, den zur Unternehmensnachfolge ungeeigneten Erben stattdessen eine Abfindung gegen Erbverzicht zu zahlen.
Der Erbverzicht der Kinder kann auch ein Mittel zur finanziellen Absicherung des überlebenden Ehepartners darstellen.
Der Erbverzicht eignet sich außerdem (umgekehrt gedacht) als Bedingung einer vorweggenommenen Erbfolge. Wenn etwa ein Erbe zu einem bestimmten Zeitpunkt in akuten Geldnöten ist, kann er sich das Erbe direkt, beispielsweise als Schenkung, auszahlen lassen, und als Gegenleistung einen Erbverzicht erklären.
Des Weiteren kann unter Umständen durch einen Erbverzicht gegen eine Abfindung (möglicherweise eine Vorauszahlung des Erbteils) Streit unter den Erben im Erbfall verhindert werden.
Unterliegt die Abfindungszahlung der Schenkungssteuer?
Ja! Bei der Einigung auf eine Abfindung ist es wichtig, zu berücksichtigen, dass diese gegebenenfalls steuerpflichtig ist. Die Vertragspartner sollten hierbei auf ihre Steuerklasse achten und versuchen, die gesetzlichen Freibeträge zu nutzen. Mehr dazu finden Sie hier [Link].
Kann man einen Erbverzicht widerrufen?
Da der Erbverzicht ein gegenseitig bindender Vertrag zwischen Erblasser und Erben ist, lässt er sich nicht einseitig widerrufen, sondern kann nur mit Einverständnis beider Vertragspartner geändert werden. Um den Vertrag in seinen Bedingungen oder Auswirkungen zu ändern, bedarf es der Aufsetzung eines neuen Vertrages. Um den Erbverzicht komplett rückgängig zu machen, muss ein Aufhebungsvertrag aufgesetzt werden. Dieser muss ebenfalls notariell beglaubigt werden, um rechtskräftig zu sein. Ist dies erfolgt, gilt die Erbfolge wieder wie vor Aufsetzung des Erbverzichtsvertrages.
Sobald der Erblasser verstorben ist, oder wenn sich ein Vertragspartner weigert, kann keine Änderung oder Aufhebung mehr erfolgen.
Die einzige Möglichkeit, in diesem Fall gegen einen solchen Vertrag vorzugehen, ist eine Anfechtungsklage.
Um einen Erbverzichtsvertrag anzufechten, muss jedoch einer der folgenden Gründe vorliegen:
- Inhaltsirrtum oder Erklärungsirrtum (einer der Vertragspartner war sich bei der Unterzeichnung nicht über Inhalt des Vertrags oder Auswirkung seiner Unterschrift im Klaren)
- Drohung oder Täuschung (einer der Vertragspartner wurde durch Drohung oder Täuschung zur Unterzeichnung des Vertrages bewogen)
- Sittenwidrigkeit (der Vertrag widerspricht den guten Sitten, zum Beispiel weil die darin festgelegte Abfindungszahlung deutlich unter dem gesetzlichen Pflichtteil liegt)
Was kostet ein Erbverzichtsvertrag?
Das Errichten eines Vertrages kostet an sich kein Geld, aber da ein Erbverzichtsvertrag notariell beglaubigt sein muss, fallen notwendigerweise Notargebühren an. Diese richten sich gemäß dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) nach dem Geschäftswert des Vermögens, auf das verzichtet werden soll.
Zur Orientierung: Bei einem Geschäftswert von 10.000 € beträgt die Notargebühr 150 €, bei einem Geschäftswert von 100.000 € sind es 546 € Gebühr.
Hinzu kommt die Umsatzsteuer.
Anwaltliche Beratung zum Erbverzicht
Wenn Sie einen Erbverzichtsvertrag aufsetzen oder anfechten wollen, sollten Sie in jedem Falle die Beratung eines Fachanwaltes für Erbrechtsfragen in Anspruch nehmen. Wir beraten Sie gerne!
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Über die Autoren
Dr. de Leve & Kersten
Dr. de Leve ist Fachanwalt für Erbrecht und wurde in diesem Bereich als Focus Top Anwalt ausgezeichnet. Rechtsanwalt Florian Kersten verfügt ebenso über eine jahrelange Erfahrung als Anwalt für Erbrecht.
Die Kanzlei "Dr. de Leve & Kersten" befindet sich in Münster (Nordrhein-Westfalen). Von dort aus beraten und vertreten die Anwälte Mandanten bei den Themen Vorsorge, Werterhalt und Wertweitergabe aus ganz Deutschland.