Eine Menge Dinge, die im Erbfall eine Rolle spielen, vor allem finanzieller Art, entscheiden und berechnen sich anhand der Höhe des Nachlasses. Die Entscheidung, ob man als Erbe die Erbschaft annimmt oder lieber ausschlägt, ob man den Pflichtteil fordert, wie hoch dieser tatsächlich ausfällt, eventuell anfallende Notarkosten, zu zahlende Erbschaftssteuern usw. - alles richtet sich nach dem Gesamtwert des Nachlasses.
Doch diesen Gesamtwert muss man erst einmal feststellen, was bei einem umfangreichen Nachlass gar nicht so einfach ist. Hierzu dient das Nachlassverzeichnis. Im folgenden Rechtstipp beantworten wir Fragen, die zu diesem Thema immer wieder gestellt werden.
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// Inhaltsübersicht
- Was ist ein Nachlassverzeichnis?
- Wann muss ein Nachlassverzeichnis erstellt werden?
- Welche Arten von Nachlassverzeichnis gibt es?
- Was ist, wenn Zweifel an der Korrektheit eines Nachlassverzeichnisses bestehen?
- Wie muss ein Nachlassverzeichnis aussehen?
- Was kostet ein Nachlassverzeichnis?
Was ist ein Nachlassverzeichnis?
Ein Nachlassverzeichnis (auch Inventar genannt) handelt es sich gemäß § 2314 BGB um eine vollständige und detaillierte Aufstellung des gesamten Nachlasses, also sämtlicher Vermögenswerte und -gegenstände.
Das Nachlassverzeichnis dient in erster Linie zur Feststellung des Gesamtwertes des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalles. Es kann jedoch auch zum Zweck der Testamentsvollstreckung hilfreich oder gar nötig sein, wen ein umfangreicher Nachlass auf eine größere Erbengemeinschaft aufgeteilt werden soll. Liegt dann kein Verzeichnis vor, muss dies in mühevoller Arbeit nachgeholt werden. Insbesondere bei einem verschuldeten Erblasser kann das Verzeichnis die Entscheidung der Erben erleichtern, ob Sie ein Erbe annehmen oder ausschlagen.
Es gibt verschiedene Situationen, in denen die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses notwendig ist, wenn jemand, der dazu berechtigt ist, dies verlangt, oder wenn eine gesetzliche Verpflichtung dazu besteht.
Wann muss ein Nachlassverzeichnis erstellt werden?
In bestimmten Situationen sieht das Gesetz vor, dass ein Nachlassverzeichnis zur zweifelsfreien Feststellung des Nachlasswertes verlangt werden kann:
- Wenn der Erblasser eine Testamentsvollstreckung verfügt und einen Testamentsvollstrecker eingesetzt hat, können die Erben von diesem ein Nachlassverzeichnis verlangen.
- Wenn ein testamentarischer oder gesetzlicher Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls noch minderjährig ist, muss ein Nachlassverzeichnis erstellt werden.
- Wenn der Nachlass des Erblassers Schulden enthält, können dessen Gläubiger ein Nachlassverzeichnis von den Erben verlangen. Dieses muss dann gemäß § 1995 BGB binnen einer gesetzlichen Frist von 3 Monaten durch die Erben vorgelegt werden. Die Frist kann unter Umständen verlängert werden. Geschieht dies nicht, haften die Erben mit ihrem eigenen Vermögen.
- Nacherben können gegenüber Erben ein Nachlassverzeichnis fordern.
- Zur Feststellung der Erbschaftssteuer kann das Finanzamt ein Nachlassverzeichnis verlangen.
- Pflichtteilsberechtigte, die ihren Pflichtteil beanspruchen, können von den Erben ein Nachlassverzeichnis fordern, und eine Frist zu dessen Vorlage setzen.
Welche Arten von Nachlassverzeichnis gibt es?
Ähnlich wie bei Testamenten gibt es auch hier eine private und eine notarielle Variante. Allerdings sind die Umstände etwas anders gelagert als beim Testament:
In den oben beschriebenen Fällen wird ein privates Nachlassverzeichnis durch die Erben oder unter Umständen durch einen vom Erblasser bestimmten Testamentsvollstrecker erstellt und unterzeichnet. Der Unterzeichner haftet für die Richtigkeit und Vollständigkeit.
Ein notarielles Nachlassverzeichnis wird durch einen Notar erstellt, wenn Gläubiger oder Pflichtteilsberechtigte dies beim zuständigen Nachlassgericht beantragen. In diesem Fall haften die Erben und der Notar.
Was ist, wenn Zweifel an der Korrektheit eines Nachlassverzeichnisses bestehen?
Wenn etwa Gläubiger oder Pflichtteilsberechtigte, die ein Nachlassverzeichnis von den Erben gefordert haben, dessen Richtigkeit oder Vollständigkeit anzweifeln, haben sie drei Möglichkeiten:
- Sie verlangen von den Erben die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung. Diese bewirkt, dass sich die Erben durch eine Falschaussage strafbar machen würden.
- Sie wenden sich an einen Rechtsanwalt und lassen das Nachlassverzeichnis durch diesen prüfen.
- Sie beantragen beim zuständigen Gericht ein notarielles Nachlassverzeichnis, das nicht angezweifelt werden kann. Diese drei Schritte sind alternativ oder kumulativ möglich, je nach dem, wie viel Geduld und Geld der Betreffende zur Verfügung hat.
Wie muss ein Nachlassverzeichnis aussehen?
Inhalt eines Nachlassverzeichnis
Ein Nachlassverzeichnis muss sämtliche Posten (Aktiva und Passiva) des Nachlasses aufzählen, und alle Informationen enthalten, die zur Bestimmung des Wertes dieser Posten von Bedeutung sein können. Dies beinhaltet:
- Barvermögen , Girokonten, etc.
- Wertpapiere, Sparbücher, Aktien, Bausparverträge etc.
- Anteile an Unternehmen, Patente, Urheber- oder Verlagsrechte, etc.
- Offene Schulden Dritter, Schadensersatzansprüche, Unterhaltsforderungen, Steuerrückerstattungen usw.
- Versicherungsverträge, Lebensversicherungen u.ä.
- evtl. Zugewinn des überlebenden Ehegatten
- Schenkungen bis 10 Jahre vor Eintritt des Erbfalles, eheliche Zuwendungen, u.ä.
- Schulden des Erblassers, offene Kredite, Steuerschulden, Hypotheken (inkl. Erbfallkosten wie Bestattungs- und Grabpflegekosten)
- Wertgegenstände wie Kunstwerke, Sammlungen, Schmuck, technische Geräte, aber auch Auto, Boot, Grundstücke und Immobilien
- Beweglicher Hausrat (Mobiliar, Einrichtungsgegenstände, Küchengeräte, Geschirr usw.)
Zu allen aufgeführten Posten sind detaillierte Angaben zur Feststellung ihres Wertes zu machen. Zu einer Immobilie gehören beispielsweise Adresse, Größe, eventuelle Mietverhältnisse, idealerweise eine Schätzung durch einen Gutachter. Zu einem Auto gehören Baujahr, Unfallschäden, Tachostand usw.
Nicht ins Nachlassverzeichnis gehören Dinge wie:
- Kosten eventueller Erbstreitigkeiten
- Kosten der Testamentseröffnung
- Erbschaftssteuer
- Pflichtteilsansprüche
- Nicht vererbbare Rechte wie Wohn- und Nießbrauchsrechte
Form eines Nachlassverzeichnis
Die Formvorgaben für ein (privates) Nachlassverzeichnis entsprechen denen eines privatschriftlichen Testaments:
Es muss sich um ein zusammengehöriges schriftliches Dokument handeln, das sinnvoll strukturiert und mit allen nötigen Informationen versehen sein muss.
Neben der vollständigen Aufstellung des Nachlasses muss es die Personalia des Erblassers (Name, Anschrift, Geburts- und Sterbedatum, ggf. ehelichen Güterstand) aufweisen und durch den Ersteller mit Datum unterschrieben sein. Der Unterzeichner haftet für die Korrektheit des Dokumentes.
Was kostet ein Nachlassverzeichnis?
Ein privates Nachlassverzeichnis kostet zunächst einmal nichts, außer Zeit und Nerven, sofern nicht Gutachterkosten entstehen, um etwa den Wert eines Grundstückes festzustellen.
Eine eidesstattliche Versicherung ist kostenpflichtig, sofern die Pflichtteilsberechtigten oder Gläubiger eine solche verlangen.
Für ein notarielles Testament fallen Notarkosten plus Steuern an, die sich proportional zum Gesamtwert des Nachlasses berechnen.
Die anfallenden Kosten werden aus dem Nachlass beglichen. Lediglich die Kosten einer eidesstattlichen Versicherung sind gegebenenfalls durch die Erben selbst zu tragen.
Anwaltliche Beratung zum Thema Nachlassverzeichnnis
Die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses ist schwierig, zeitaufwändig und birgt unter Umständen auch noch ein hohes Haftungsrisiko. Zur Gewährleistung der Vollständigkeit und Richtigkeit in Form und Inhalt ist es in jedem Fall empfehlenswert, sich fachlicher Unterstützung durch einen Notar oder Anwalt zu versichern. Der Vorteil einer anwaltlichen Beratung liegt darin, dass ein Fachanwalt für Erbrecht Sie auch im Umgang mit Gläubigern, Pflichtteilsberechtigten oder Nacherben unterstützen und bei Erbstreitigkeiten die Kommunikation für Sie übernehmen kann, um die Lage nach Möglichkeit zu deeskalieren und Ihre Nerven zu schonen.
Wenn Sie Fragen zum Thema Nachlassverzeichnis haben, Unterstützung bei der Erstellung oder Prüfung eines Nachlassverzeichnisses wünschen oder eine erbrechtliche Beratung in Anspruch nehmen wollen, melden Sie sich bei unserer Kanzlei. Unsere Anwälte und Fachanwälte beraten und vertreten bundesweit Mandanten im Erbrecht. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
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Über die Autoren
Dr. de Leve & Kersten
Dr. de Leve ist Fachanwalt für Erbrecht und wurde in diesem Bereich als Focus Top Anwalt ausgezeichnet. Rechtsanwalt Florian Kersten verfügt ebenso über eine jahrelange Erfahrung als Anwalt für Erbrecht.
Die Kanzlei "Dr. de Leve & Kersten" befindet sich in Münster (Nordrhein-Westfalen). Von dort aus beraten und vertreten die Anwälte Mandanten bei den Themen Vorsorge, Werterhalt und Wertweitergabe aus ganz Deutschland.