Wenn Sie einen Nachlass von geringem Umfang an einen Alleinerben oder hälftig Ihren beiden Kindern vererben möchten, stellt dies erfahrungsgemäß kein Problem dar und ist schnell erledigt.
In den meisten Fällen gestaltet sich die Nachlassverteilung jedoch etwas schwieriger; Da gibt es streitsüchtige Erben, die ihren unehelichen Halbgeschwistern nicht das Schwarze unter dem Nagel gönnen, da gibt es Erben, die unteilbare alte Familienschätze am liebsten sofort zu Geld verflüssigen möchten, raffgierige Gläubiger, kompliziert zu vererbende Unternehmensanteile, Schwierigkeiten bei der Berücksichtigung minderjähriger oder behinderter Erben, und vieles andere mehr.
Es lohnt sich also möglicherweise, wenn Sie Ihre letztwillige Verfügung verfassen, jemanden mit der Autorität aus zu statten, für die ordnungsgemäße Durchsetzung Ihres letzten Willens zu sorgen, indem Sie eine Testamentsvollstreckung anordnen.
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// Inhaltsübersicht
- Was ist eine Testamentsvollstreckung?
- Wann ist es sinnvoll, eine Testamentsvollstreckung anzuordnen?
- Welche Aufgaben hat ein Testamentsvollstrecker?
- Wer bestimmt den Testamentsvollstrecker?
- Was passiert, wenn der Testamentsvollstrecker seine Pflicht verletzt?
- Wie lange kann eine Testamentsvollstreckung dauern?
- Wer kann den Testamentsvollstrecker entlassen?
- Was kostet eine Testamentsvollstreckung?
- Kann man die Ernennung eines Testamentsvollstreckers widerrufen?
Was ist eine Testamentsvollstreckung?
Eine Testamentsvollstreckung dient dazu, die Durchsetzung des letzten Willens eines Erblassers zu gewährleisten, indem eine Person das Amt des Testamentsvollstreckers übernimmt. Der Testamentsvollstrecker erhält die Verfügungsgewalt über den Nachlass des Erblassers und hat diesen zu verwalten und dem Willen des Erblassers gemäß zu verteilen.
Hierzu muss der Erblasser in seinem Testament eine Testamentsvollstreckung anordnen, und möglichst genau bestimmen, wie diese abzulaufen hat, und wie umfassend der Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers sein soll.
Wann ist es sinnvoll, eine Testamentsvollstreckung anzuordnen?
Eine Testamentsvollstreckung bietet sich an, wenn die Nachlassverwaltung und -verteilung komplex ist, und der Erblasser berechtigte Sorge um deren ordnungsgemäßen Ablauf hat. Dies kann etwa der Fall sein, wenn es sich um eine große Zahl von Erben handelt, die vom Erblasser durch verschiedene Regelungen (Ehegattentestament, Vor- und Nacherbschaften, Vermächtnisse usw.) mit Anteilen aus seinem Nachlass bedacht werden.
Eine Testamentsvollstreckung kann unter anderem dazu dienen
- die Erben bei der Abwicklung des Nachlasses zu entlasten
- Erbschaftsstreitigkeiten in der Familie zu vermeiden
- die korrekte Umsetzung von Auflagen, Vermächtnissen und Nachlassverbindlichkeiten sicher zu stellen
- den Nachlass vor Verschwendung oder dem Zugriff von Gläubigern der Erben zu schützen
- die Benachteiligung behinderter oder minderjähriger Erben zu verhindern
- eine fachgerechte Verwaltung von größerem Vermögen oder Immobilien zu gewährleisten
- Unternehmensnachfolgen kompetent zu regeln
Welche Aufgaben hat ein Testamentsvollstrecker?
Der Testamentsvollstrecker ist der alleinige Sachwalter Ihres Nachlasses. Wenn Sie eine Testamentsvollstreckung angeordnet haben, können Ihre Erben nicht auf den Nachlass zugreifen (§ 2211 BGB). Erst, wenn ein Erbteil durch den Testamentsvollstrecker dem durch Sie bestimmten Erben übergeben wurde, gehört es ihm.
Die Testamentsvollstreckung beginnt, sobald der Testamentsvollstrecker sein Amt eingenommen hat. Als erstes ist er verpflichtet, ein Nachlassverzeichnis und eine Liste aller Nachlassverbindlichkeiten zu erstellen (mehr dazu erfahren Sie hier [Link]). Auf Wunsch Ihrer Erben kann dieses Verzeichnis auch notariell beglaubigt werden. Somit existiert einen Überblick über sämtliche Posten des Nachlasses in Plus und Minus. Diese hat der Testamentsvollstrecker nun ihrem Willen gemäß zu verwalten. Dabei ist er gegenüber ihren Erben auf Anfrage jederzeit auskunfts- und rechenschaftspflichtig, sodass die Erben die ordnungsgemäße Abwicklung Ihres Nachlasses kontrollieren können. Alle Ansprüche den Nachlass betreffend sind an den Testamentsvollstrecker zu richten. Hiervon gibt es nur eine Ausnahme: Für Pflichtteilsforderungen ist der Testamentsvollstrecker nicht zuständig, sondern die Erben.
Der Testamentsvollstrecker wird nicht vom Nachlassgericht überwacht. Er ist dem Erblasser und den Erben gegenüber verantwortlich und fungiert gewissermaßen als Treuhänder, der die Verteilung des Nachlasses unter den Erben vornimmt, Unternehmensnachfolgen regelt, für die Erfüllungen von Vermächtnissen und Vertragsauflagen des Erbvertrages sorgt, usw. Kurzum ist es seine Aufgabe, das umzusetzen, was Sie in Ihrer letztwilligen Verfügung bestimmt haben. In-Sich-Geschäfte und Schenkungen aus dem Nachlass darf er nicht tätigen.
Es ist jedoch Ihnen als Erblasser selbst überlassen, zu bestimmen, wie umfassend die Befugnisse Ihres Testamentsvollstreckers tatsächlich sein sollen, indem Sie seine Aufgabenbereiche klar umreißen und beschränken. So kann er - wie beschrieben - als Vollstrecker Ihres gesamten letzten Willens auftreten, oder nur als Verwalter des Erbteils eines bestimmten Erben, oder zur Vollstreckung eines Vermächtnisses eingesetzt werden.
Nach Erfüllung seiner Aufgaben muss der Testamentsvollstrecker Rechenschaft über seine Tätigkeit geben. Die Erben sind zur vollständigen Einsichtnahme berechtigt.
Wer bestimmt den Testamentsvollstrecker?
Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker, der seinen Willen umsetzen soll, selbst auswählen. Dazu muss er ihn in seiner letztwilligen Verfügung namentlich in das Amt berufen (handelt es sich um einen Erbvertrag, und nicht um ein Testament, lässt sich die Bestimmung eines Vollstreckers nicht verbindlich, sondern nur einseitig in den Vertrag aufnehmen). Hierbei sollte sorgsam vorgegangen werden, da die ausgewählte Person sowohl charakterlich als auch fachlich zu dieser Aufgabe geeignet sein muss, und das absolute Vertrauen des Erblassers genießen muss. Darüber hinaus ist es sinnvoll, jemanden auszuwählen, der jünger ist als der Erblasser selbst. Es empfiehlt sich, wenn man sich für eine Person entschieden hat, das Gespräch mit dieser zu suchen, und die Aufgabenbereiche der Testamentsvollstreckung, sowie die Vergütung zu besprechen. Gemäß § 2202 BGB hat der Auserwählte nämlich das Recht, das Amt des Testamentsvollstreckers abzulehnen, wenn er davon nichts geahnt hat. Außer in ganz bestimmten Ausnahmefällen sollte es sich bei dem Testamentsvollstrecker aus naheliegenden Gründen nicht um einen testamentarisch begünstigten Erben handeln. Stattdessen können Sie beispielsweise Ihren Anwalt oder Notar damit beauftragen.
Vorsicht bei der Beauftragung von Banken als Testamentsvollstrecker!
Dies ist seit einigen Jahren zwar möglich, es ist jedoch dringend davon abzuraten, da die Banken ihre Vergütung für eine Testamentsvollstreckung selbst bestimmen, und sich großzügig aus Ihrem Nachlass bedienen, ehe sie ihn auf Ihre Erben verteilen.
Sie müssen allerdings auch keinen Testamentsvollstrecker selbst bestimmen.
Wenn sie eine Testamentsvollstreckung anordnen, wird diese im Erbfall umgesetzt, und so lange können ihre Erben nicht auf Ihren Nachlass zugreifen. Der Testamentsvollstrecker wird dann vom Nachlassgericht bestimmt.
Was passiert, wenn der Testamentsvollstrecker seine Pflicht verletzt?
Der Testamentsvollstrecker haftet für die Umsetzung des Willens des Erblassers. Die Erben haben jederzeit Anspruch auf Einsichtnahme in seine Tätigkeit.
Wenn die Erben feststellen, dass er schuldhaft seine Pflichten verletzt, indem er beispielsweise Nachlassgegenstände dem rechtmäßigen Erben nicht herausgibt, unwirksame Vermächtnisse erfüllt, den Prozess verschleppt, ist er schadensersatzpflichtig. Dies gilt allerdings nur bei Eigenverschulden. Für Fehlentscheidungen der Erben, wie etwa erfolglose Investition des Erbes, haftet der Testamentsvollstrecker nicht.
Es ist nicht möglich, bei der testamentarischen Benennung des Testamentsvollstreckers einen Haftungsausschluss zu verfügen. Derartige Verfügungen sind unwirksam.
Unter Umständen kann bei schuldhafter Pflichtverletzung auch die Entlassung des Testamentsvollstreckers erwirkt werden. Mehr dazu unter Punkt 7.
Wie lange kann eine Testamentsvollstreckung dauern?
Die Dauer einer Testamentsvollstreckung hängt von vielen Faktoren ab. Im Wesentlichen lässt sich hier zwischen zwei Formen der Testamentsvollstreckung unterscheiden: Der Abwicklungsvollstreckung und der Dauervollstreckung.
Abwicklungsvollstreckung (§§ 2203,2204 BGB)
In den meisten Fällen besteht die Aufgabe eines Testamentsvollstreckers in der Abwicklung der Nachlassverteilung, sowie der Erfüllung möglicher Auflagen. So lange verfügt er über den Nachlass und erfüllt die oben genannten Aufgaben. Dies dauert zumeist einige Monate.
Dauervollstreckung (§ 2209 BGB)
Eine Dauervollstreckung kann vom Erblasser über längere, möglicherweise auch unbestimmte Frist angeordnet werden. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein Erbe erst anlässlich seiner Volljährigkeit oder anlässlich eines Studienabschlusses seinen Anteil aus dem Nachlass erhalten soll, oder der Testamentsvollstrecker für die Verwaltung des Erbteils eines behinderten Erben auf dessen Lebenszeit zuständig ist.
Eine Testamentsvollstreckung endet
- mit dem Abschluss der Aufgaben des Testamentsvollstreckers
- mit der Kündigung des Testamentsvollstreckers (hierzu ist er gemäß § 2226 BGB jederzeit berechtigt)
- mit dem Tode des Testamentsvollstreckers
- oder mit der Entlassung des Testamentsvollstreckers.
Wer kann den Testamentsvollstrecker entlassen?
Die Erben können den Testamentsvollstrecker nicht entlassen. Sie können allerdings beim zuständigen Nachlassgericht einen Antrag auf Entlassung stellen, sofern sie nachweisen können, dass der Testamentsvollstrecker sich grober Pflichtverletzungen schuldig gemacht oder als unfähig erwiesen hat. Grobe Pflichtverletzungen wären etwa die unwirtschaftliche Verwaltung des Nachlasses, Missachtung des Willens des Erblassers, oder Weigerung, den Erben Auskunft zu geben. Misstrauen gegen seine Person reicht als Entlassungsgrund nicht aus. Unfähigkeit ist auch ohne Verschulden des Testamentsvollstreckers als Entlassungsgrund zulässig, etwa wenn dieser wegen dauernder Krankheit sein Amt nicht wahrnehmen kann oder nachweislich inkompetent ist.
Das Gericht wird über die Stichhaltigkeit der Gründe entscheiden und gegebenenfalls den Testamentsvollstrecker entlassen. Falls der Erblasser nicht noch einen Ersatz-Vollstrecker bestimmt hat, wird die restliche Abwicklung des Nachlasses dann in der Regel durch das Nachlassgericht selbst übernommen.
Was kostet eine Testamentsvollstreckung?
Die Höhe der Vergütung sollte im Idealfall zwischen Erblasser und Testamentsvollstrecker ausgehandelt und im Testament angegeben werden. Dieser Betrag gilt dann verbindlich als Teil des letzten Willens des Erblassers.
Ist dies nicht geschehen, wird durch die Erben und den Testamentsvollstrecker ein Tarif festgelegt. Übliche Sätze für eine Abwicklungsvollstreckung bewegen sich zwischen 1% und 5% des Nachlassbruttowertes. Die Auszahlung erfolgt nach erfolgreicher Abwicklung aus dem Nachlass. Die Erbengemeinschaft haftet hierbei gemeinschaftlich.
Für die Berechnung einer Vergütung bei Dauervollstreckungen gilt die Rheinische Tabelle des Deutschen Notarvereins als allgemein anerkannte Grundlage. Der Vergütungsbetrag basiert hierbei auf dem Verkehrswert des Nachlasses, bewegt sich ebenfalls zwischen 1% und 5% und wird in der Regel für die Dauer der Vollstreckung jährlich als laufende Vergütung gezahlt.
Kann man die Ernennung eines Testamentsvollstreckers widerrufen?
Da die Ernennung sowohl in einem Testament als auch in einem Erbvertrag nicht bindend, sondern einseitig erfolgt, kann sie durch den Erblasser jederzeit geändert oder widerrufen werden.
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Über die Autoren
Dr. de Leve & Kersten
Dr. de Leve ist Fachanwalt für Erbrecht und wurde in diesem Bereich als Focus Top Anwalt ausgezeichnet. Rechtsanwalt Florian Kersten verfügt ebenso über eine jahrelange Erfahrung als Anwalt für Erbrecht.
Die Kanzlei "Dr. de Leve & Kersten" befindet sich in Münster (Nordrhein-Westfalen). Von dort aus beraten und vertreten die Anwälte Mandanten bei den Themen Vorsorge, Werterhalt und Wertweitergabe aus ganz Deutschland.