Das Nießbrauchsrecht hat vielfältige Funktionen. Für die Regelung erbrechtlicher Angelegenheiten ist der Nießbrauch vor allem als Mittel in der vorzeitigen Erbfolge und als Regelung zur Vererbung und Nutzung von Immobilien interessant. Hier erfahren Sie erste Informationen zu Nießbrauch und seine Nutzbarkeit im Zusammenhang mit dem Erbrecht. Bei individuellen Fragen freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
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// Inhaltsübersicht
- Was bedeutet Nießbrauch?
- Welche Formen des Nießbrauchs gibt es?
- Was ist der Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht?
- Welche Rechte und Pflichten hat ein Nießbrauchsberechtigter?
- Wann ist ein Nießbrauch sinnvoll?
- Wie richtet man einen Nießbrauch ein?
- Wie wird ein Nießbrauch beendet?
- Wie wird der Nießbrauch berechnet?
- Wer trägt die Kosten beim Nießbrauch?
Was bedeutet Nießbrauch?
Nießbrauch ist eine uralte Einrichtung im deutschen Recht, nämlich eine dritte Form des Zugriffsrechtes auf eine Sache neben Eigentum und Besitz.
Eigentum = Komplette Verfügungsgewalt über eine Sache, auch wenn diese nicht in Reichweite ist.
Besitz = Beschränkte Verfügungsgewalt/Nutzungsrecht, solange eine Sache in Reichweite ist
Es gibt verschiedene Arten des Nießbrauchsrechts, die über ingesamt 59 Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches hinweg geregelt werden. Für uns interessant ist das Nießbrauchsrecht an Sachen.
Es handelt sich dabei, ganz allgemein gesprochen, um das Recht, eine Sache zu nutzen, und Profit aus dieser Sache zu ziehen, ohne ihr Eigentümer zu sein.
Dies kann zum Beispiel dadurch verwirklicht werden, dass ein Haus an eine Person verschenkt, vererbt oder verkauft wird, einer anderen jedoch das Recht gewährt wird, im Hause zu wohnen. So können beispielsweise die Eltern ihren erwachsenen Kindern schon zu Lebzeiten das Elternhaus übertragen, sich aber vorbehalten, so lange sie leben, dort wie gehabt wohnen zu bleiben. Oder der Vater kann das gemeinsame Haus testamentarisch seinen Kindern vererben, seiner Frau aber das Recht zusprechen, im Haus wohnen zu bleiben. Dies ist in Form eines Vertrages – des Nießbrauchsvertrages – zu regeln, und von allen beteiligten Personen durch Unterschrift zu bekräftigen.
Welche Formen des Nießbrauchs gibt es?
Das Nießbrauchsrecht ist, wie alle alten Grundsätze deutschen Rechts, mit der Zeit sehr kleinteilig und komplex geworden, da neben dem „einfachen“ Nießbrauch verschiedene speziellere Formen des Nießbrauchs unterschieden werden wie Bruchteilsnießbrauch (wenn es mehrere Eigentümer gibt, und am anteiligen Eigentumsrecht eines Miteigentümers noch ein Nießbrauchsrecht angekoppelt ist), Quotennießbrauch (wenn sich das Nießbrauchsrecht nicht auf das Gesamteigentum, sondern nur einen Teil, etwa eine einzelne Wohnung in einer größeren Immobilie, bezieht) oder Nachrangiger Nießbrauch (wenn festgelegt ist, dass nach dem Tod des Nießbrauchsberechtigten sein Recht an eine weitere Person fällt).
In der Hauptsache sind jedoch zwei Grundformen des Nießbrauchs zu unterscheiden:
- Zuwendungsnießbrauch
Der Eigentümer (z.B. einer Immobilie) spricht einer anderen Person, ohne sein Eigentum aufzugeben, das Nießbrauchsrecht zu. Dieses berechtigt den Nießbrauchsnehmer dazu, die Immobilie selbst zu bewohnen oder aber zu vermieten. - Vorbehaltsnießbrauch
Der Eigentümer überträgt sein Eigentum (z.B. eine Immobilie) an jemand anderen, behält sich selbst aber ein Nießbrauchsrecht vor. Dieses berechtigt ihn, in der Immobilie, obwohl diese ihm nicht mehr gehört, wohnen zu bleiben, oder diese weiter zu vermieten.
Was ist der Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht?
Das Nießbrauchsrecht wird gerne mit dem Wohnrecht verwechselt, da beide Rechte sich stark ähneln: Beide ermöglichen die Nutzung einer Wohnung für eine Person, der die Wohnung nicht gehört, beide können durch Verkauf nicht aufgehoben und nicht vererbt werden, und beide werden im Grundbuch eingetragen. Das Nießbrauchsrecht geht jedoch dadurch, dass es das Recht auf Profit (etwa durch Vermietung) beinhaltet, über das bloße Wohnrecht hinaus, birgt dafür aber auch umfangreichere Verpflichtungen für den Nießbrauchsberechtigten.
Welche Rechte und Pflichten hat ein Nießbrauchsberechtigter?
Die Rechte des Nießbrauchsberechtigen bestehen, wie gesagt darin, dass er eine Sache (z.B. eine Immobilie) selbst nutzen, und außerdem damit Profit für sich generieren kann.
Dafür ist er verpflichtet, den wirtschaftlichen Bestand der Sache zu bewahren, darf sie also nicht verkaufen, verbrauchen oder bis zur Minderung ihres Wertes abnutzen. Bei einer Immobilie verpflichtet ihn dies etwa zur Instandhaltung der Bausubstanz. Er muss des Weiteren die Sache gemäß § 1045 BGB selbst versichern, und die sogenannten öffentlichen Lasten, also etwa Strom- und Wasserkosten, Grundsteuer, Schornsteinfeger etc. selbst tragen.
Wenn das Nießbrauchsrecht an einer Immobilie so umgesetzt wird, dass der Nießbrauchsberechtigte diese vermietet, muss er natürlich auch die Mieteinnahmen versteuern, kann dann aber wiederum anfallende Kosten wie Versicherung, Grundsteuer usw. als Werbungskosten anrechnen lassen.
Wichtig:
Es ist möglich, individuelle Lösungen zu vereinbaren, die von diesem Modell abweichen, also beispielsweise den Nießbrauchsberechtigten dahingehend zu entlasten, dass der Eigentümer sämtliche Instandhaltungskosten selbst trägt.
Wann ist ein Nießbrauch sinnvoll?
Die möglichen Gründe für die Einrichtung eines Nießbrauchs sind genauso vielfältig, wie das Nießbrauchsrecht selbst: Wann immer es sich ergibt, dass jemand das Recht auf die Nutzung einer Sache erhalten soll oder will, ohne Eigentümer dieser Sache zu sein, kann dies durch einen Nießbrauch der konkreten Situation entsprechend rechtlich umgesetzt werden.
Er birgt dabei jede Menge Vorteile:
Vorbehaltsnießbrauch an einer Immobilie als Mittel in der vorweggenommenen Erbfolge (lebzeitige Schenkung des Elternhauses an die Kinder mit Nießbrauchsrecht für die Eltern) ist ein gutes Mittel, um Steuern zu sparen, und die oftmals schwierige und potentiell konfliktschwangere Angelegenheit eines Immobilienerbes frühzeitig zur Zufriedenheit aller unter Dach und Fach zu bringen.
Weitere Infos zur Erbschafts- und Schenkungssteuer
Des Weiteren behält man durch einen Vorbehaltsnießbrauch alle Nutzungsrechte am Gegenstand, senkt aber die anfallenden Kosten für sich.
Durch Zuwendungsnießbrauch einer Immobilie, die man selbst nicht nutzt, kann man einen Angehörigen finanziell unterstützen, etwa indem man diesen als Vermieter einer Wohnung einsetzt, ohne das Eigentumsrecht an dieser Wohnung abgeben zu müssen.
Wie richtet man einen Nießbrauch ein?
Wenn Sie ein Nießbrauchsrecht an einer Wohnung oder einem Haus vergeben möchten, muss dieses zunächst eine klare Form erhalten, und die geltenden Bedingungen geklärt werden.
Hierzu empfiehlt sich eine Rechtsberatung beim Anwalt, idealerweise in Anwesenheit beider Parteien. Wenn alle Bedingungen des Nießbrauchs klar sind (Umfang, Verteilung der Kosten, Dauer, etc.), müssen diese verschriftlicht, und der Nießbrauch dann gemäß § 873 BGB notariell beglaubigt und in Abteilung II des Grundbuches eingetragen werden.
Handelt es sich um einen Nießbrauch an einer beweglichen Sache (beispielsweise einem Nutzungsgegenstand, einem technischen Gerät oder einem Automobil), so ist keine notarielle Beglaubigung und Eintragung in irgendwelchen Unterlagen notwendig.
Wie wird ein Nießbrauch beendet?
Ein Nießbrauch kann auf verschiedene Arten beendet werden:
Entweder der Nießbrauch ist (wie bei Vorbehaltsnießbrauch einer Immobilie üblich) auf Lebenszeit eingerichtet. Dann endet er gemäß § 1061 BGB automatisch mit dem Tode des Nießbrauchers, und wird sodann wieder aus dem Grundbuch gelöscht. Das Nießbrauchsrecht kann nicht vererbt werden.
Oder aber der Eigentümer und Nießbrauchsberechtigte einigen sich auf einen befristeten Nießbrauch, dessen Ende bei Inkrafttreten bereits festgelegt ist. Zum Beispiel kann im Grundbuch eingetragen werden, dass das Nießbrauchsrecht nicht mit dem Tode des Nießbrauchsberechtigen, sondern des Eigentümers endet. Am Ende eines befristeten Nießbrauchs ist der Nießbrauchsberechtigte zur Rückgabe an den Eigentümer verpflichtet (§ 1055 BGB).
Die dritte Möglichkeit besteht schließlich darin, dass der Eigentümer dem Nießbrauchsberechtigten sein Recht per Abmahnung aufkündigen kann, wenn dieser beispielsweise eine Immobilie verkommen lässt, oder die ihm obliegenden Kosten nicht trägt.
Wie wird der Nießbrauch berechnet?
Wenn das Nießbrauchsrecht als Mittel der vorweggenommenen Erbfolge genutzt wird, muss dessen Wert zur Feststellung der anfallenden Steuern berechnet werden. Auch wenn der Eigentümer eine Immobilie verkaufen und sich selbst ein Nießbrauchsrecht vorbehalten will, muss dessen Wert ermittelt werden. Der Kapitalwert des Nießbrauchs ist dann vom Verkehrswert der Immobilie abzuziehen.
Die Berechnung des Kapitalwertes eines Nießbrauchs erfolgt folgendermaßen:
- Jahreswert
Zunächst muss der Jahreswert der zum Nießbrauch freizugebenden Sache festgestellt werden. Bei einer Immobilie ergibt dieser sich beispielsweise aus den jährlichen Mieteinnahmen abzüglich der entstehenden Kosten. Wichtig: Gemäß § 16 BewG darf der Jahreswert den Verkehrswert geteilt durch 18,6 nicht überschreiten. - Vervielfältiger
Je nachdem, ob der Nießbrauch lebenslang (also ohne ein zuvor festgelegtes Ablaufdatum) oder befristet angelegt sein soll, erfolgt die Berechnung des Vervielfältigers: Für lebenslangen Nießbrauch ergibt sich der Wert aus der Lebenserwartung gemäß § 14 Abs.1 S.4 BewG. Für einen befristeten Nießbrauch erfolgt die Errechnung gemäß § 13 BewG. - Kapitalwert
Der Kapitalwert errechnet sich durch Multiplikation des Jahreswertes mit dem Vervielfältiger.
Wer trägt die Kosten beim Nießbrauch?
Wie bereits angedeutet, teilen sich Eigentümer und Nießbrauchsberechtigter in aller Regel die anfallenden Kosten. Für den Nießbrauchsberechtigten fallen dabei folgende Kosten an:
- Versicherung
- Benutzung und Instandhaltung
- Gemeindeabgaben
- Schornsteinfegergebühr
- Grundsteuer
- ggf. Mietsteuer
Alle weiteren Kosten, insbesondere für umfassendere Sanierungsmaßnahmen, trägt der Eigentümer.
Hiervon abweichende Modelle sind nach Absprache und notarieller Beglaubigung möglich.
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Über die Autoren
Dr. de Leve & Kersten
Dr. de Leve ist Fachanwalt für Erbrecht und wurde in diesem Bereich als Focus Top Anwalt ausgezeichnet. Rechtsanwalt Florian Kersten verfügt ebenso über eine jahrelange Erfahrung als Anwalt für Erbrecht.
Die Kanzlei "Dr. de Leve & Kersten" befindet sich in Münster (Nordrhein-Westfalen). Von dort aus beraten und vertreten die Anwälte Mandanten bei den Themen Vorsorge, Werterhalt und Wertweitergabe aus ganz Deutschland.