
Annähernd zwei Millionen Menschen leiden in Deutschland an Demenz. Diese unheilbare Krankheit stellt nicht nur eine enorme emotionale Last für alle Angehörigen dar, sondern ist auch von rechtlicher Relevanz, wenn es um die Mitteilung und Berücksichtigung des letzten Willens des Kranken geht. Denn der durch die Demenz verursachte geistige Verfall beeinträchtigt natürlich die Geschäfts- und damit auch Testierfähigkeit.
So können nach dem Ableben einer (vermutet oder bestätigt) demenzkranken Person Zweifel an der Gültigkeit von deren Testament aufkommen, inbesondere dann, wenn dieses erst zu einem Zeitpunkt fortgeschrittener Demenzerkrankung verfasst wurde, und womöglich auch den zuvor mündlich geäußerten Wünschen der verstorbenen Person nicht entspricht.
Sie haben individuelle Fragen zum Erbrecht oder benötigen einen Partner für die rechtssichere Ausgestaltung?
Hilfe vom Anwalt für Erbrecht
Jetzt Kontakt aufnehmen!
- Focus Top Anwalt für Erbrecht
- Bundesweite Vertretung
- Pragmatische Lösungen

// Inhaltsübersicht
- Was „Testierfähigkeit“ bedeutet
- Bedeutet Demenz Testierunfähigkeit?
- Wie man sein Testament rechtlich absichern kann
- Ob man ein Testament wegen Demenz anfechten kann
- Wie man Testierunfähigkeit beweisen kann
Was bedeutet „Testierfähigkeit“?
Ein Testament ist ein Ausdruck des (letzten) Willens eines Menschen, und somit eines der wichtigsten Dokumente, die er in seinem Leben erstellt. Um ein solches Dokument rechtswirksam verfassen, ändern, oder widerrufen zu können, muss der Betreffende gemäß § 2229 BGB einige Voraussetzungen erfüllen:
- Der Verfasser muss volljährig sein (Ab 16 ist man bedingt testierfähig, das heißt, ein Testament muss notariell beglaubigt werden).
- Der Verfasser muss gemäß § 2229 Abs.4 BGB im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten sein, sich der Entscheidungen, die er fällt, bewusst, und der daraus folgenden Konsequenzen gewahr sein.
Dies ist möglicherweise nicht der Fall, wenn der Verfasser von Geburt schwachsinnig oder bewusstseinsgestört ist, oder zum Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes unter Drogen- oder Alkoholeinfluss steht, oder aber an Demenz erkrankt ist.
Ist man bei Demenz Testierunfähigkeit?
Wenn jemand die ärztliche Diagnose der Demenz erhält, bedeutet das nicht, dass er ab diesem Moment grundsätzlich nicht mehr testierfähig ist.
Erstens schreitet die Erkrankung nicht bei jedem Patienten gleich schnell fort, und zweitens bedeutet auch eine fortgeschrittene Demenzerkrankung nicht, dass der Patient nicht phasenweise bei völlig klarem Verstand sein kann – die berühmten „hellen Momente“.
In solch "hellen" Momenten ist der Betreffende, rein rechtlich gesehen, durchaus testierfähig!
Die Testierfähigkeit muss dann allerdings für den entscheidenden Zeitraum durch Dritte sichergestellt werden, in dem sich vergewissert wird, dass der Testierende sich darüber im Klaren ist, dass er ein Testament errichtet, was dieses besagen soll, welche Gründe er für die darin enthaltenen Anordnungen hat, und welche Konsequenzen sich aus diesen Anordnungen ergeben. Darüber hinaus müssen die testamentarischen Anordnungen natürlich dem freien und unbeeinflussten Willen des Testierenden entsprechen. Ist dieser bei der Errichtung des Testamentes durch eine andere Person beeinflusst worden, kann dies, ebenso wie Testierunfähigkeit, zu einer Ungültigkeit des Testamentes führen.
Die Testierfähigkeit eines Menschen in einem bestimmten Augenblick abzuschätzen ist natürlich nicht einfach, und insbesondere bei einem Demenzkranken, wo der Geisteszustand starken Schwankungen unterworfen sein kann, ist die Rechtssicherheit eines Testamentes entsprechend wacklig.
Wie kann man sein Testament bei Demenz rechtlich absichern?
Daraus ergibt sich die Frage, wie man bei der Errichtung des eigenen Testamentes sicherstellen kann, dass dieses auch wirklich anerkannt wird, insbesondere dann, wenn man selbst bereits an Demenz leidet.
Hier gibt es mehrere Möglichkeiten, den eigenen letzten Willen abzusichern:
- Notarielle Beurkundung
Ein notarielles Testament hat gegenüber dem privatschriftlichen Testament immer den Vorteil, dass es durch einen Fachmann für gültig befunden wurde. Der Notar prüft dabei nicht nur die rein formelle Korrektheit des Testamentes, sondern gemäß § 28 BeurkG auch die Testierfähigkeit des Testierenden. Allerdings ist ein Notar kein Arzt, und kann hierüber nur nach Augenschein urteilen. - Medizinisches Gutachten
Um sicher zu stellen, dass nicht trotz notariell beglaubigtem Testament im Nachhinein Ihre Testierfähigkeit bezweifelt wird, können Sie sich diese durch einen Gutachter (etwa einen Psychiater) bestätigen lassen. Dies sollte dann möglichst genau zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung erfolgen, um allen Zweifeln vorzubeugen.
Diese beiden Maßnahmen sind nur so lange eine Option, wie eine Demenzerkrankung noch nicht weit fortgeschritten ist, was plötzlich und unvorhersehbar geschehen kann.
Daher ist zu einer frühzeitigen Testamentserrichtung zu raten. Ändern kann man ein Testament später immer noch.
Kann man ein Testament wegen Demenz anfechten?
Wenn in einem Erbfall die Angehörigen an der Gültigkeit des vorliegenden Testamentes Zweifel haben, können sie dieses anfechten.
Hierzu müssen sie binnen eines Jahres ab Testamentseröffnung eine formgerechte Anfechtungserklärung beim zuständigen Nachlassgericht einreichen, die eine möglichst klare und ausführliche Begründung enthalten muss.
Eine mögliche Begründung für eine Testamentsanfechtung ist die Testierunfähigkeit des Verfassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung – beispielsweise aufgrund einer Demenzerkrankung.
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass (gerade bei einem notariellen Testament) immer von der Testierfähigkeit ausgegangen wird, und das Gegenteil erst bewiesen werden muss, um das Testament für ungültig zu erklären.
Diesen Beweis zu erbringen, obliegt dem Kläger.
Wie kann man eine Testierunfähigkeit aufgrund von Demenz nachweisen?
Eine Demenzerkrankung, die zu Lebzeiten nicht als solche diagnostiziert worden ist, ist im Nachhinein nicht leicht zu belegen.
Hierfür können medizinische Dokumente wie Kranken- und Pflegeakten des Betreffenden hinzugezogen werden, die den Verlauf seiner Krankheit und deren Symptome deutlich machen.
Auch der behandelnde Arzt des Verstorbenen kann ein wertvoller Zeuge sein. Auf Basis dieser Daten muss dann ein psychiatrisches Gutachten erstellt werden, das entweder das Vorliegen einer Demenzerkrankung bestätigt oder nicht.
Eine auf diesem Wege nachträglich festgestellte Demenz kann als Beweis einer Testierunfähigkeit allerdings nur bei wesentlich fortgeschrittenem geistigen Verfall hinreichen. Denn es geht, wie eingangs dargestellt, bei einer Testamentsanfechtung wegen Testierunfähigkeit nicht um die Frage, ob der Verfasser eines Testamentes zu diesem Zeitpunkt an Demenz erkrankt war, sondern um die Frage, ob er in den Stunden und Minuten der Testamentserrichtung im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war oder nicht.
Um dies zu klären, müssen Zeugen hinzugezogen werden, die zum Zeitpunkt der Testamenteserrichtung, oder um diesen Zeitraum herum Kontakt mit dem Testanten hatten, und dessen Geisteszustand beurteilen können. Bei solchen Zeugenbefragungen ist – insbesondere dann, wenn einige der Befragten durch das vorliegende Testament begünstigt sind, und Andere nicht – mit widersprüchlichen und schwer auszuwertenden Aussagen zu rechnen. Die wertvollsten Zeugen hierfür sind natürlich gegebenenfalls der Notar und/oder der Arzt, die dem Betreffenden seinerzeit Testierfähigkeit attestiert haben.
Anwaltliche Beratung zum Thema Testament wegen Demenz anfechten
Wenn Sie ein Testament wegen Demenz anfechten wollen, handeln Sie rasch!
Sobald der Erbschein ausgestellt ist, hat der testamentarisch eingesetzte Erbe Zugriff auf die Erbschaft. Von der Anfechtungserklärung bis zur offiziellen Ungültigkeit des Testamentes können Jahre vergehen.
Es ist ratsam, sich um Unterstützung an einen erfahrenen Fachanwalt für Erbrecht zu wenden, der mit Ihnen die Anfechtungserklärung formulieren, Beweise sammeln und entsprechende Gutachten in Auftrag geben kann.
Gerne beraten wir Sie ausführlich zum Thema Testamentsanfechtung und unterstützen Sie schnell und unkompliziert bei Ihrem Vorhaben. Wir beraten und vertreten bundesweit. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf!
Vereinbaren Sie jetzt Ihren individuellen Beratungstermin!
Hier finden Sie unser Kontaktformular
Über die Autoren
Dr. de Leve & Kersten
Dr. de Leve ist Fachanwalt für Erbrecht und wurde in diesem Bereich als Focus Top Anwalt ausgezeichnet. Rechtsanwalt Florian Kersten verfügt ebenso über eine jahrelange Erfahrung als Anwalt für Erbrecht.
Die Kanzlei "Dr. de Leve & Kersten" befindet sich in Münster (Nordrhein-Westfalen). Von dort aus beraten und vertreten die Anwälte Mandanten bei den Themen Vorsorge, Werterhalt und Wertweitergabe aus ganz Deutschland.