Mittlerweile beschreiten über drei Millionen Deutsche für den Fall, dass sie durch Alter oder Krankheit nicht mehr in der Lage sein sollten, ihre Angelegenheiten zu regeln, den Weg der Erteilung einer Vorsorgevollmacht. Doch was ist eine Vorsorgevollmacht? Was muss man dabei beachten? Diese und weitere interessante Fragen haben wir in unserem Beitrag für Sie näher thematisiert.
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Unsere Inhalte in der Ãœbersicht:
- Was ist eine Vorsorgevollmacht?
- Warum ist eine Vorsorgevollmacht sinnvoll?
- Unterschied zur Patientenverfügung oder Betreuungsverfügung?
- Kann man auch einfach eine Generalvollmacht erteilen?
- Welche formellen Vorgaben muss man beachten?
- Muss eine gültige Vorsorgevollmacht notariell beglaubigt sein?
- Kann man eine Vorsorgevollmacht widerrufen oder ändern?
- Kann man mehrere Bevollmächtigte einsetzen?
- Wie kann man sich gegen Missbrauch der Vorsorgevollmacht schützen?
- Ab wann tritt eine Vorsorgevollmacht in Kraft?
- Wo bekomme ich Hilfe beim Verfassen einer Vorsorgevollmacht?
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Wenn ein Mensch durch Behinderung, Unfall, Erkrankung oder Erscheinungen des fortgeschrittenen Alters seine persönlichen Angelegenheiten nicht mehr selbständig regeln kann, bekommt er per Gesetz einen Betreuer zur Seite gestellt, der Geldgeschäfte, Bankangelegenheiten, vertragliche Bindungen und eventuell auch die Entscheidung in medizinischen Fragen übernehmen kann. Es kann sich dabei um einen Angehörigen, aber auch um eine fremde Person handeln. Wenn Sie frühzeitig selbst darüber bestimmen möchten, wer diese Rolle übernehmen und welche Befugnisse er genau dabei haben soll, können Sie dies tun, indem Sie einer Person Ihres Vertrauens eine Vorsorgevollmacht erteilen.
Eine Vorsorgevollmacht können Sie mithilfe eines Anwalts für Erbrecht oder eines Notars gestalten. Doch auch im Internet gibt es Vollmacht Vorlagen.
Warum ist eine Vorsorgevollmacht sinnvoll?
Nicht nur die Wahl der Person, die im Notfall Ihre Angelegenheiten für Sie regeln soll, sondern auch der Umfang und Geltungsbereich der Vollmacht ist Ihnen als Vollmachtgeber frei überlassen.
Sie kann die Entscheidungsgewalt für sämtliche Vermögensfragen, Grundbesitz, gesundheitliche Angelegenheiten, mögliche Heimunterbringungen etc. sowie gerichtliche Vertretung und Bankgeschäfte beinhalten (wobei für letzteres eine separate Kontovollmacht bei der Bank sinnvoll ist [Link zum entspr. Text]). Einzig ausgenommen sind etwa die Berechtigung zur Errichtung eines Testaments für den Vollmachtgeber oder sonstige Bestimmung über die Regelung seines Nachlasses. Es können jedoch Befugnisse erteilt werden, die über den Tod des Vollmachtgebers hinausreichen, etwa die Totenfürsorge und Grabpflege betreffend. Meistens handelt es sich jedoch vor allem um die Abwicklung finanzieller Angelegenheiten für den Fall der sogenannten „Geschäftsunfähigkeit“. Die Befugnisse, die der Bevollmächtigte erhält, sind dabei in ein Innenverhältnis und ein Außenverhältnis zu teilen. Ersteres besagt, was der Bevollmächtigte im Rechtsverkehr darf, Letzteres, was er kann. So können Sie, solange Sie voll geschäftsfähig sind, vollumfassend darüber bestimmen, welche Person welche Angelegenheiten mit welchen Befugnissen für Sie regelt, falls Sie darauf einmal angewiesen sind.
Was unterscheidet eine Vorsorgevollmacht von einer Patientenverfügung oder einer Betreuungsverfügung?
Die Vorsorgevollmacht ist an den darin bestimmten Bevollmächtigten gerichtet und kann, je nach Entscheidung des Vollmachtgebers, unterschiedliche Kompetenzen von finanziellen bis hin zu gesundheitlichen Entscheidungen umfassen.
Die Patientenverfügung betrifft ausschließlich die persönlichen Wünsche in Bezug auf anzuwendende oder nicht anzuwendende medizinische Behandlungen, lebensverlängernde Maßnahmen u. Ä. Sie ist zu berücksichtigen, falls der Aussteller durch schwere Krankheit, Unfall oder andere unvorhergesehene Ereignisse nicht mehr in der Lage ist, seine Wünsche zu äußern, und ist daher an den behandelnden Arzt bzw. das Pflegepersonal gerichtet.
Die Betreuungsverfügung betrifft die Auswahl von Betreuungspersonen im Fall des Verlustes der Geschäftsfähigkeit und ist an die ausgewählte Betreuungsperson und das Gericht, das diese Person formell einzusetzen hat, gerichtet. Sie spricht dem Betreuer jedoch keine genaueren Befugnisse zu oder ab.
Die Vorsorgevollmacht ist also die weitestreichende Willenserklärung. Sofern dadurch keine Widersprüche entstehen, spricht jedoch nichts dagegen, alle drei Optionen wahrzunehmen.
Kann man auch einfach eine Generalvollmacht erteilen?
Die Vorsorgevollmacht benennt (sofern sie sinnvoll sein soll) den Umfang und die Grenzen der Bevollmächtigung ganz genau. Wenn man seinem Bevollmächtigten uneingeschränkt vertraut, heißt das jedoch nicht, dass man sich den Aufwand sparen und einfach eine Generalvollmacht, im Sinne eines Blankoschecks, ausstellen kann. Die Generalvollmacht klammert nämlich per Definition die Entscheidung über medizinische Fragen, die das Leben des Patienten betreffen, sowie eine eventuelle Heimunterbringung oder weitergehende freiheitsbeschränkende Maßnahmen aus.
Die Vorsorgevollmacht ist also nicht nur genauer, sondern – sofern Sie wollen – auch uneingeschränkter.
Welche formellen Vorgaben muss man beim Erstellen einer Vorsorgevollmacht beachten?
Im Internet kursieren für Vorsorgevollmachten sogenannte „Muster“ oder „Vordrucke“, die dann nur ausgefüllt zu werden brauchen. Dies ist jedoch ziemlich sinnfrei, da der Zweck einer Vorsorgevollmacht gerade darin liegen soll, nach den eigenen persönlichen Vorstellungen eine Regelung zu schaffen, und eben nicht nach (meist unklaren) vorgefertigten Schablonen. Das Argument der „juristisch korrekten Form“ ist hierbei ziemlich irrelevant.
Um rechtlich gültig zu sein, genügt ein formloses, leserliches Schreiben, das folgende Kriterien aufweisen muss:
- Name, Geburtsdatum und Adresse von Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem
- Unterschriften von Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem mit Ort und Datum.
Um, über die rein formelle Gültigkeit hinaus auch sinnvoll zu sein, sollte es so präzise formuliert und klar strukturiert wie irgend möglich sein. Sowohl die Befugnisse, als auch deren Einschränkungen sollten klar benannt werden. Auch die zu erfüllenden Voraussetzungen für das Inkrafttreten der Vollmacht können genau benannt werden.
Um zu gewährleisten, dass der Bevollmächtigte im Falle des Inkrafttretens der Vollmacht auch handlungsfähig ist, muss dieser im Besitz des Originals sein. Der Vollmachtgeber sollte jedoch über eine Kopie verfügen, falls er im Nachhinein noch einmal etwas nachlesen oder ändern will.
Muss eine gültige Vorsorgevollmacht notariell beglaubigt sein?
Damit sich die Befugnisse und Beschränkungen der Vorsorgevollmacht in einer funktionalen Weise bedingen und nicht einander im Wege stehen, ist es ratsam, sich bei der Erstellung durch jemanden beraten zu lassen, der für juristische Formulierungen das nötige Fingerspitzengefühl mitbringt. Hierzu sucht man am besten einen Notar auf, der die fertige Vollmacht am Ende auch beglaubigen kann. Notwendig für die Gültigkeit ist das jedoch nicht.
Kann man eine Vorsorgevollmacht widerrufen oder ändern?
Solange der Vollmachtgeber noch geschäftsfähig ist, also noch im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte, und etwa auch zum Aufsetzen eines geänderten Testaments berechtigt, kann er jederzeit eine erteilte Vorsorgevollmacht einseitig widerrufen oder ändern. Es ist natürlich entscheidend, dies jemandem (am besten dem zuständigen Notar oder dem eigenen Anwalt) mitzuteilen. Ist die Vollmacht bereits in Kraft, weil der Vollmachtgeber nicht mehr geschäftsfähig ist, kann sie durch gerichtlichen Beschluss widerrufen werden, sofern nachweisbar ist, dass der Bevollmächtigte seine Befugnisse missbraucht und nicht im Interesse des Vollmachtgebers handelt. Dies lässt sich am besten prüfen, wenn es einen zweiten Bevollmächtigten gibt.
Kann man mehrere Bevollmächtigte einsetzen?
Es ist möglich, zwei oder mehrere Bevollmächtigte einzusetzen, anstatt nur eine Person mit allen Befugnissen auszustatten. Auf diese Weise kann man gewährleisten, dass die Bevollmächtigten einander kontrollieren und das Risiko vermeiden, dass einer alleine selbstherrlich schaltet und waltet.
Dies kann so gestaltet sein, dass jeder der Bevollmächtigten nur bestimmte Befugnisse hat, die einander ergänzen, was allerdings Abläufe unnötig verkomplizieren kann und daher nur bedingt ratsam ist. Es können auch zwei Bevollmächtigte mit den gleichen Befugnissen eingesetzt werden, wobei, um im Falle von Uneinigkeit Chaos zu vermeiden, einer explizit als Hauptbevollmächtigter und der andere nur als dessen Notfallvertreter benannt werden sollte. Auch ist die Einsetzung eines reinen Kontrollbevollmächtigten möglich.
Wie kann man sich gegen Missbrauch der Vorsorgevollmacht schützen?
Der Vollmachtgeber muss sich im Vorhinein genau überlegen, wem er das nötige Vertrauen entgegenbringt, und – da die Gestaltung der Vorsorgevollmacht ja ganz in seinem Ermessen liegt – ganz klare Vorgaben für den Umgang mit seinen Angelegenheiten festlegen. So kann er eben beispielsweise den Bevollmächtigten verpflichten, gegenüber einem Kontrollbevollmächtigten (einem Angehörigen oder etwa dem eigenen Anwalt) auf Nachfrage alle geschäftlichen Tätigkeiten im Namen des Vollmachtgebers offen zu legen.
So lange der Vollmachtgeber im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist (was bei schweren körperlichen Leiden in der Regel als gegeben betrachtet werden kann, bei Alzheimer- oder Demenzerkrankungen unter Umständen jedoch nicht mehr), kann er eine erteilte Vollmacht natürlich widerrufen. Hierzu empfiehlt es sich, den Anwalt zu beauftragen, zunächst sämtliche Papiere vom Bevollmächtigten zurück zu verlangen, um dessen Tätigkeiten zu prüfen.
Ab wann tritt eine Vorsorgevollmacht in Kraft?
Die Vorsorgevollmacht tritt, sofern nicht explizit anders geregelt, in dem Moment in Kraft, da ein Gericht die Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers feststellt, und sich die Frage stellt, ob ein Betreuer bestimmt werden muss, oder der Vollmachtgeber dies bereits selbst getan hat.
Die Geschäftsfähigkeit kann aufgrund körperlicher oder geistiger Einschränkung einsetzen. In letzterem Falle sind dann auch nachträgliche Änderungen oder gar Widerruf der Vollmacht durch den Vollmachtgeber nicht mehr möglich.
Wo bekomme ich Hilfe beim Verfassen einer Vorsorgevollmacht?
Da es nur wenig formelle Hürden gibt, können Sie theoretisch die Vorsorgevollmacht ganz allein verfassen. Es empfiehlt sich jedoch bei derart wichtigen und in ihren Auswirkungen weitreichenden Entscheidungen, die Beratung durch einen Fachmann in Anspruch zu nehmen. Dies kann etwa durch einen Anwalt geleistet werden. Dr. Brauer Rechtsanwälte stehen Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.
Noch sinnvoller ist allerdings der Gang direkt zum Notar, da dieser, im Gegensatz zum Anwalt, die fertige Vollmacht auch beglaubigen kann.
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Über die Autoren
Dr. de Leve & Kersten
Dr. de Leve ist Fachanwalt für Erbrecht und wurde in diesem Bereich als Focus Top Anwalt ausgezeichnet. Rechtsanwalt Florian Kersten verfügt ebenso über eine jahrelange Erfahrung als Anwalt für Erbrecht.
Die Kanzlei "Dr. de Leve & Kersten" befindet sich in Münster (Nordrhein-Westfalen). Von dort aus beraten und vertreten die Anwälte Mandanten bei den Themen Vorsorge, Werterhalt und Wertweitergabe aus ganz Deutschland.