
Die Landwirtschaft hat in vielen Regionen der Welt eine lange Tradition und prägt oft die Kultur und Identität einer Gemeinschaft. Doch was passiert, wenn der Besitzer eines landwirtschaftlichen Betriebs stirbt? Welche erbrechtlichen Bestimmungen gelten und wie funktioniert eine Erbübernahme? Eine besondere Rolle spielt dabei das Landguterbrecht, Anerbenrecht sowie die Höfeordnung.
In unserem Rechtstipp werden wir näher auf die komplexen Prozesse des landwirtschaftlichen Erbes eingehen. Wenn Sie eine ausführliche und individuelle Beratung zum Thema benötigen, freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
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// Inhaltsübersicht
- Besondere Regeln beim landwirtschaftlichen Erbe
- Wie funktioniert die Übernahme eines Hofes?
- Pflichtteil beim landwirtschaftlichen Erbe
- Wie berechnet sich der Ertragswert?
- Wieviel Steuern fallen bei einer Hofübernahme an?
Gelten für landwirtschaftliche Erbschaften besondere Regeln?
Aus naheliegenden Gründen ist dem Gesetzgeber traditionell daran gelegen, den Fortbestand landwirtschaftlicher Betriebe zu schützen, weshalb für die Vererbung von Höfen und Landgütern spezielle Vorschriften existieren. Diese sind allerdings, aufgrund der historischen Zersplitterung Deutschlands nicht in Form eines bundesweit einheitlichen Gesetzes anzutreffen, sondern es gibt in den heutigen 16 Bundesländern verschiedene landwirtschaftserbrechtliche Vorschriften: Das Anerbenrecht, die Höfeordnung, und das Landgutrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch.
Der Fokus dieser Gesetze soll darauf liegen, die Notwendigkeit der Liquidierung landwirtschaftlicher Betriebe im Erbfall zu minimieren. Hierzu ist es notwendig, nach Möglichkeit die ansonsten übliche Bildung von Erbengemeinschaften zu verhindern. Ein Hof soll idealerweise an einen einzigen Erben weitergegeben werden, damit dieser den Betrieb weiterführen kann. Nach gängigem Pflichtteilsrecht würden gegen diesen Alleinerben dann jede Menge Ansprüche entstehen, die den ererbten Betrieb belasten würden. Auch diese Gefahr soll nach Möglichkeit minimiert werden.
Wie funktioniert die Erbübernahme eines Hofes?
Dies wird, wie gesagt, auf Länderebene unterschiedlich geregelt.
Dabei gibt es drei verschiedene Modelle, das Anerbenrecht, die Höfeordnung und das Landguterbrecht, auf welche wir hier genauer eingehen.
Was ist das Anerbenrecht?
Das Anerbenrecht gilt in den Ländern Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, und Bremen und besagt, dass Betriebe (wenn diese als Anerbhof qualifiziert sind) nur an einen Erben vererbt werden können, was, je nach Land, auf unterschiedliche Weise rechtlich fundiert und praktisch geregelt wird. Die übrigen Erben haben Anspruch auf eine Abfindung, deren Höhe vom Ertragswert des Betriebes abhängig ist. Somit ist gewährleistet, dass nicht ein kleiner Betrieb durch die Abfindungen ruiniert wird. In der Regel ist der älteste männliche Erbe Alleinerbe des Hofes. Allerdings kann ein Erblasser durch letztwillige Verfügung (Testament, Erbvertrag) auch eine anderslautende Lösung bestimmen.
Was ist die Höfeordnung?
In Hamburg, NRW, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gilt die Höfeordnung, die besagt, dass ein landwirtschaftlicher Hof (der die Eigenschaft erfüllen muss, eine dreiköpfige Familie zu ernähren) nur einer einzigen Person oder einem Ehepaar gehören kann, und dementsprechend nur an einen Alleinerben vererbt werden kann (§ 4 HöfeO). Zuerst an den überlebenden Ehepartner, dann an den Erstgeborenen usw. Diese Bestimmung kann, anders als das Anerbenrecht, nicht testamentarisch außer Kraft gesetzt werden.
Was ist das Landguterbrecht nach dem BGB?
In den neuen Bundesländern (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg), sowie Berlin, Bayern und dem Saarland gelten keine gesonderten Bestimmungen für landwirtschaftliche Betriebe, sondern das normale Erbrecht nach Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB), bzw das BGB-Landguterbrecht (§§ 2049, 2313 BGB).
Wenn im Erbfall keine letztwillige Verfügung vorliegt, tritt die normale gesetzliche Erbfolge in Kraft, was zumeist die Liquidierung und das Ende des Hofes bedeutet. Die Miterben können sich jedoch auch darauf einigen, dass Einer von ihnen den Hof übernimmt, und die Anderen auszahlt, was jedoch risikoreich ist. Der Erblasser kann allerdings per Testament einen dauerhaft landwirtschaftlich genutzten Betrieb einem bestimmten Erben dizidiert als „Landgut“ vererben, was bewirkt, dass die übrigen Erben eine vergleichsweise geringe Abfindung erhalten, um den Fortbestand des Hofes zu sichern (§ 2049 BGB).
Wie berechnet sich der Pflichtteil bei einem landwirtschaftlichen Erbe?
Grundsätzlich gilt, dass der Pflichtteilsanspruch ein Geldanspruch enterbter oder das Erbe ausschlagender gesetzlicher Erben gegenüber dem das Erbe antretenden Erben ist. Die Höhe dieses Anspruchs entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, errechnet sich also nach dem Gesamtwert des Nachlasses im Verhältnis zur Anzahl der berechtigten Erben.
Bei der Vererbung landwirtschaftlicher Betriebe kann allerdings testamentarisch bestimmt werden, dass sich der Pflichtteil nicht nach dem Verkehrswert, sondern dem Ertragswert des Hofes richtet (§ 2312 BGB) was den Pflichtteil deutlich mindert.
Wie berechnet sich der Ertragswert?
Der Ertragswert eines landwirtschaftlichen Betriebs wird gemäß § 2049 Abs. 2 BGB nach dem Reinertrag, den das Landgut bei ordnungsgemäßem Betrieb dauerhaft abwirft, errechnet. Dieser bestimmt sich aus der Abwägung von betrieblichen Einnahmen und Ausgaben, und wird zur Feststellung des Ertragswertes dann hochgerechnet (In Bayern z.B.: multipliziert mit 18).
Der so erhaltene Ertragswert halbiert und geteilt durch die Zahl der Erben, ergibt den Pflichtteil den jeder einzelne Erbe geltend machen kann.
Es empfiehlt sich, für die notwendigen Berechnungen einen Sachverständigen hinzu zu ziehen.
Ein Tipp:
Pflichtteilsansprüche entstehen erst im Erbfall.
Sie können diese auch umgehen, indem Sie die Übergabe des Hofes an den künftigen Erben bereits zu Lebzeiten vollziehen, und den übrigen Erben gegen einen formellen Pflichtteilsverzicht eine Zuwendung selbst zahlen. Diese Zuwendung muss, um einen wirksamen Pflichtteilsverzicht zu begründen, mindestens 50% des Pflichtteils betragen.
Wieviel Steuern fallen bei der Hofübernahme an?
Die normalen gesetzlichen Steuersätze und Freibeträge der Erbschafts- und Schenkungssteuer gelten unverändert auch für die Vererbung oder Schenkung landwirtschaftlicher Betriebe.
Hier finden Sie eine genaue Auflistung der Steuersätze im Erbrecht
Allerdings ist es unter Umständen möglich, die Steuer zu minimieren, bzw. komplett zu vermeiden:
- Wenn ein Hoferbe sich dazu verpflichtet, mindestens für fünf Jahre den Betrieb fortzuführen, fallen nur 15% Steuern an, von denen wiederum noch 150.000€ abgezogen werden, was bedeutet, dass für Betriebe im Gesamtwert von unter 1 Mio € faktisch keine Steuer anfällt.
- Wenn ein Hoferbe sich dazu verpflichtet, mindestens für sieben Jahre den Betrieb fortzuführen, entfällt die Erbschaftssteuer für den Betrieb (mit Ausnahme des Wohnhauses) völlig.
Achtung:
Voraussetzung für beide Regelungen ist, dass der Betrieb mindestens 20 festangestellte Arbeitskräfte zählt, und deren ausgezahlte Lohnsummen im festgelegten Zeitraum nicht sinken.
Anwaltliche Beratung bei einem landwirtschaftlichen Erben
Sowohl, wer seinen Hof zu Lebzeiten weitergeben möchte, oder aber sich Gedanken über die Vererbung des Betriebs macht, als auch der Erbe, der sich der Heratusforderung der Übernahme des Betriebs gegenübersieht, braucht fachmännische Unterstützung.
Die Angelegenheiten sind kompliziert, und - gerade im Erbfall - mitunter sehr nervenaufreibend, da sie einiges an Konfliktpotential innerhalb der Familie bergen können. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann Ihnen alle offenen Fragen beantworten, die Abwicklung vieler Facetten des Übernahmeprozesses für Sie übernehmen, und Ihnen rechtlich den Rücken freihalten.
Unsere Kanzlei ist auf derartige Fälle spezialisiert und reich an langjähriger Erfahrung. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf - wir beraten und unterstützen Sie bundesweit!
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Über die Autoren
Dr. de Leve & Kersten
Dr. de Leve ist Fachanwalt für Erbrecht und wurde in diesem Bereich als Focus Top Anwalt ausgezeichnet. Rechtsanwalt Florian Kersten verfügt ebenso über eine jahrelange Erfahrung als Anwalt für Erbrecht.
Die Kanzlei "Dr. de Leve & Kersten" befindet sich in Münster (Nordrhein-Westfalen). Von dort aus beraten und vertreten die Anwälte Mandanten bei den Themen Vorsorge, Werterhalt und Wertweitergabe aus ganz Deutschland.