Auch wenn sich Aktien als Anlagemittel in Deutschland nach wie vor nur geringer Beliebtheit erfreuen, nimmt die Zahl derer, die ihr Vermögen in Aktien deponieren, immer weiter zu. Dabei kommt es immer häufiger vor, dass das Aktiendepot einen nicht unbeträchtlichen Teil des Gesamtvermögens ausmacht. Stirbt nun der Inhaber eines Depots, so wird auch das Aktiendepot vererbt. Dabei müssen jedoch einige Besonderheiten beachtet werden. Immerhin kann es schnell passieren, dass Aktien im Wert (zum Teil stark) schwanken. Deswegen ist eine der entscheidenden Fragen für den Erben eines Aktiendepots, wie er möglichst schnell Zugriff auf das Depot erhält. Dabei gibt es verschiedene Wege die, vorstellbar sind.
Sie haben individuelle Fragen zum Erbrecht oder benötigen einen Partner für die rechtssichere Ausgestaltung?
Hilfe vom Anwalt für Erbrecht
Jetzt Kontakt aufnehmen!
- Focus Top Anwalt für Erbrecht
- Bundesweite Vertretung
- Pragmatische Lösungen
// Inhaltsübersicht
- Wie erhalte ich Zugriff?
- Brauche ich einen Erbschein?
- Erbengemeinschaft beim Aktiendepot: Was tun?
- Fallen Steuern für die Erben von einem Aktiendepot an?
- Wie kann ich die Steuern beim Erben von Aktiendepots vermeiden?
Wie erhalte ich Zugriff auf ein geerbtes Aktiendepot?
Grundsätzlich gehen alle vermögensrelevanten Rechte des Erblassers, also auch die Verfügungsgewalt über das Aktiendepot, auf den Erben über (§1922 BGB). Allerdings kann es zumindest für den Broker, bei dem das Depot angelegt wurde, zunächst unklar sein, wer genau Erbe ist. In diesem Fall wird der Broker den Zugriff verweigern, bis die Person, die das Aktiendepot geerbt hat, ihre Rechtsstellung nachweisen kann. Umso besser ist es, wenn vorgesorgt und ein schneller Zugriff auf das geerbte Aktiendepot sichergestellt wurde. Folgende Möglichkeiten gibt es:
1. Es gibt eine Vollmacht
Hilfreich ist eine Vollmacht, die über den Tod hinausreicht. Nur mit einer sogenannten „transmortalen“ Vollmacht kann der Erbe nach dem Tod unkompliziert auf das Aktiendepot zugreifen. Dabei hat der spätere Erblasser eine Vollmacht (z.B. über alle das Depot betreffende Geschäfte) ausgestellt und gleichzeitig festgelegt, dass der Vertreterstatus des Bevollmächtigten nach dem Tod des Ausstellers bestehen bleiben soll.
Aber Vorsicht: Wenn der Bevollmächtigte nicht (Allein)Erbe ist, wird er automatisch Vertreter der (Mit)Erben. Weil die Gerichte davon ausgehen, dass bei solchen Vollmachten immer automatisch die Verpflichtung besteht, die Interessen des Vertretenen wahrzunehmen (nach den Regeln eines Auftrags, §662 BGB), kann es schnell passieren, dass der Bevollmächtigte den Erben später aufgrund eines Zugriffes auf das Depot Schadensersatz zahlen muss. Natürlich kann der Erbe in solchen Fällen die Vollmacht widerrufen, sobald er seine Erbenstellung nachweisen kann.
2. Zugangsdaten sind vorhanden
Immer mehr Aktiendepots sind heutzutage reine Onlinedepots, auf die man vergleichsweise einfach mit Benutzername und Passwort zugreifen kann. Wenn der Verstorbene nun dafür gesorgt hat, dass die Hinterbliebenen Zugriff auf die Passwörter erhalten, sieht die Sache auf den ersten Blick sehr einfach aus. Einem schnellen Zugriff steht nichts im Wege. Insbesondere wird in der Bereitstellung der Zugangsdaten im Normalfall eine schlüssig miterklärte Vollmacht liegen. Aber Achtung: Auch hier muss man vorsichtig sein, wenn die Möglichkeit besteht, dass Erbe und derjenige, der Zugriff auf das Passwort hat, auseinanderfallen.
3. Testament vorhanden
Liegt ein handschriftliches Testament vor, so hängt es von der Bank beziehungsweise dem Broker ab, ob ein solches (ohnehin nur zusammen mit der Eröffnungsniederschrift) akzeptiert wird. Wichtig ist nur, dass derjenige, der das Testament nach dem Tod des Erblassers in Besitz hat, dieses so schnell wie möglich beim Nachlassgericht abzuliefern (§ 2259). Sobald das Gericht das Testament eröffnet hat und eine entsprechende Eröffnungsniederschrift vorliegt, kann beides bei der Bank vorgelegt werden. Die Eröffnung findet normalerweise jedoch frühestens nach eineinhalb Monaten statt.
Akzeptiert die Bank das handschriftliche Testament nicht, braucht man einen Erbschein.
4. Notarielles Testament vorhanden
Ein notarielles Testament wird automatisch vom Nachlassgericht eröffnet und fast ausnahmslos zusammen mit der Eröffnungsniederschrift anerkannt. Allerdings dauert es auch hier einige Wochen, bis ein Zugriff möglich ist.
Brauche ich beim Aktiendepot einen Erbschein?
Hat man ein notarielles Testament mit Eröffnungsniederschrift, braucht man keinen Erbschein, um an das geerbte Aktiendepot heranzukommen. Allerdings kann ein solcher Erbschein nötig sein, wenn nur ein handschriftliches Testament oder aber gar keines vorliegt. Im zweiten Fall greift die gesetzliche Erbfolge. Bei Fehlen eines Testamentes (und ohne Vollmacht oder Zugangsdaten, s.o.) wird die Bank, bei der das Depot angelegt ist, auf Vorlage eines Erbscheines bestehen. Ein solcher Erbschein muss beim Nachlassgericht beantragt werden.
Was tun bei einer Erbengemeinschaft?
Wenn es mehrere Erben gibt, erben alle gemeinsam. Das heißt auch, dass nur alle gemeinsam über das Aktiendepot verfügen dürfen. Das wiederum bedeutet, dass (nach Beantragung und Ausstellung eines Erbscheines) im Zweifel noch mehr Zeit verloren geht, bis eine Transaktion getätigt werden kann. Bei kurzfristigen Kursentwicklungen ist es jedoch wichtig, möglichst schnell zu handeln. Es kann daher sinnvoll sein, dass alle Erben gemeinsam eine Person (es kann auch ein unabhängiger Dritter sein) beauftragen, die Geschäfte vorläufig zu verwalten.
Für die spätere Abwicklung des geerbten Aktiendepots gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder werden alle Werte verkauft und der Erlös wird auf die Erben von dem Aktiendepot verteilt. Oder aber man überschreibt die Aktien und anderen Wertpapiere zu gleichen Teilen auf die jeweiligen Depots der Erben. Natürlich können sich die Erben auch untereinander einigen und einander auszahlen, sodass einer die Papiere des anderen behält.
Fallen Steuern für die Erben von einem Aktiendepot an?
Es gibt eine Erbschaftssteuer, diese gilt natürlich auch für das Erben von Aktiendepots. Besonders zu beachten ist, dass der Steuerberechnung der Wert des Depots zum Zeitpunkt des Erbfalles (Tod des Erblassers) zugrunde gelegt wird. Fallen die Kurse zwischen Erbfall und Zugriffsmöglichkeit auf das geerbte Aktiendepot (dazwischen können einige Wochen liegen s.o.) stark, kann es sogar passieren, dass man am Ende mehr Steuern zahlt als man aus dem Erbe letztlich bekommen hat. Unter anderem deswegen ist es so wichtig, möglichst schnell Zugriff auf das Depot zu erlangen, um notfalls schnell verkaufen zu können.
Aber nicht vergessen: Es gibt immer noch die Freibeträge, die bei der Berechnung der Erbschaftssteuer außer Acht gelassen werden. Der Ehepartner des Verstorbenen hat zum Beispiel einen Steuerfreibetrag von 500.000 €.
Wie kann ich zu hohe Steuern beim Erben von Aktiendepots vermeiden?
Liegt ein oben beschriebener Extremfall vor, bei dem die Steuer höher als der Betrag ist, den man letztlich herausbekommt, kann man das Erbe beim zuständigen Nachlassgericht ausschlagen (siehe: Erbe ausschlagen). Dazu hat man ab Kenntnis vom Tod des Erblassers sechs Wochen Zeit. Aber Vorsicht: Schlägt man das Erbe aus, bekommt man am Ende gar nichts.
Eine andere Möglichkeit stellt ein Antrag auf Erlass der Erbschaftssteuer dar (§ 163 AO; § 227 AO). Das Finanzamt kann eine Steuer erlassen, wenn sie unbillig wäre. Das bedeutet, dass sie für den Steuerpflichtigen eine unzumutbare Härte darstellen muss. Die Bewertung, ob die Voraussetzungen vorliegen, hängen stark vom Einzelfall ab.
Anwaltliche Beratung für Erblasser und Erben von Aktien
Es bleibt festzuhalten, dass es beim Erben von Aktiendepots häufig vor allem auf die Zeit ankommt. Deswegen ist es am besten, wenn der Erbe über eine Vollmacht für das Aktiendepot verfügt, die über den Tod des Erblassers hinausgeht. Andernfalls können ärgerliche Kursverluste der Wertpapiere eintreten und unter anderem dazu führen, dass die Erbschaftssteuer den Wert des tatsächlich durch das Erbe Erlangten übersteigt. Dann kann ein Ausschlagen des Erbes oder Antrag auf Steuererlass nötig sein. Wenn es mehrere Erben eines Aktiendepots gibt, sollte man sich mit den anderen Erben so schnell wie möglich einigen, um ein effektives Handeln zu ermöglichen.
Treten Schwierigkeiten auf, ist es am sichersten, einen erfahrenen Anwalt einzuschalten.
Unsere Anwälte sind auf Erbrecht spezialisiert und verfügen auch beim Thema Nachlass von Aktien über eine langjährige Erfahrung. Gerne beraten wir Sie ausführlich zum Thema und unterstützen Sie tatkräftig bei Ihrem erbrechtlichen Problem. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf!
Vereinbaren Sie jetzt Ihren individuellen Beratungstermin!
Hier finden Sie unser Kontaktformular
Über die Autoren
Dr. de Leve & Kersten
Dr. de Leve ist Fachanwalt für Erbrecht und wurde in diesem Bereich als Focus Top Anwalt ausgezeichnet. Rechtsanwalt Florian Kersten verfügt ebenso über eine jahrelange Erfahrung als Anwalt für Erbrecht.
Die Kanzlei "Dr. de Leve & Kersten" befindet sich in Münster (Nordrhein-Westfalen). Von dort aus beraten und vertreten die Anwälte Mandanten bei den Themen Vorsorge, Werterhalt und Wertweitergabe aus ganz Deutschland.